US-Finanzministerin Janet Yellen warnt vor einem Zahlungsausfall der USA im Juni.

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Washington – Im Streit um die Schuldenobergrenze in den USA erhöht Finanzministerin Janet Yellen den Druck und warnt vor einem Zahlungsausfall der Regierung bereits am 1. Juni. Die Reserven könnten aber auch erst einige Wochen später aufgebraucht sein, das präzise Datum sei unmöglich vorauszuahnen, schrieb Yellen am Montag in einem Brief an den republikanischen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy. Die Schätzung basiere auf derzeit verfügbaren Daten.

Wird die Schuldenobergrenze nicht bald erhöht, könnte es zu einem beispiellosen Zahlungsausfall der US-Regierung kommen – der die Weltwirtschaft in eine Krise stürzen könnte.

Wie hoch liegt die Schuldengrenze?

In den USA legt das Parlament in unregelmäßigen Abständen eine Schuldenobergrenze fest und bestimmt, wie viel Geld sich der Staat leihen darf. Die Schuldengrenze liegt zurzeit bei rund 31,4 Billionen Dollar (etwa 28,6 Billionen Euro). Mittlerweile ist dieser Schuldendeckel erreicht, und das Finanzministerium muss die Kapitalreserven anzapfen – denn die USA dürfen nun keine neuen Schulden mehr aufnehmen, um ihre Rechnungen zu begleichen. Für eine Anhebung der Schuldenobergrenze brauchen US-Präsident Joe Biden und seine Demokraten die Republikaner. Diese stemmen sich aber gegen eine Anhebung ohne deutliche Einsparungen bei gewissen Staatsausgaben.

Welche Folgen hätte ein Zahlungsausfall?

Ein Zahlungsausfall der weltgrößten Volkswirtschaft kann eine globale Finanzkrise und einen starken wirtschaftlichen Abschwung auslösen. Die USA könnten dann einen Großteil ihrer Rechnungen nicht mehr begleichen – Millionen Menschen könnten in der Folge ihren Arbeitsplatz verlieren. Ein Zahlungsausfall würde auch das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit der USA beschädigen, was ökonomische Verwerfungen auslösen dürfte. Finanzministerin Yellen hat immer wieder deutlich gemacht, dass das eine Katastrophe wäre.

Prinzipiell ist aber unklar, was genau passiert, sollten die USA die Schuldenobergrenze erreichen. Denn seit ihrer Einführung im Jahr 1917 ist sie noch nie erreicht worden.

Warum sind die Schulden so hoch?

Seit den 1980er-Jahren steigen die Schulden in den USA kontinuierlich – nach den Steuererleichterungen in der Amtszeit von Ronald Reagan. Die 90er brachten aufgrund des Ende des Kalten Kriegs und damit verbundener Einsparungen bei den Militärausgaben eine gewisse Budgeterleichterung. Doch nach dem Platzen der Dotcom-Blase in den 2000ern, Steuererleichterungen und Krieg unter George W. Bush, stiegen die Belastungen wieder. Bankenkrise, hohe Arbeitslosenquote und erneute Steuererleichterungen unter Donald Trump ließen die Schulden ebenso ansteigen wie die Maßnahmen während der Covid-Pandemie.

Wofür gibt die Regierung hauptsächlich Geld aus?

Vor allem finanziert Washington die Sozialhilfe und die Krankenversicherungsprogramme Medicaid und Medicare. Zwölf Prozent der Ausgaben fließen in das US-Militär. Danach folgen die Bereiche Bildung, Arbeitsausbildungen und Unterstützungen für Veteranen.

Was fordern die Republikaner?

Die Republikaner wollen nun Präsident Biden dazu bringen, Kürzungen bei Investitionen in den Klimaschutz und anderen Staatsausgaben zuzustimmen. Im Gegenzug soll die Schuldengrenze um 1,5 Billionen Dollar angehoben werden. McCarthy selbst steht dabei unter gehörigem Druck einiger erzkonservativer Republikaner, auf die er angesichts einer dünnen Mehrheit im Repräsentantenhaus angewiesen ist. Der dort verabschiedete republikanische Vorschlag geht jetzt an den von den Demokraten geführten Senat, wo ihm jedoch keine Erfolgschancen eingeräumt werden.

Wie reagiert der Präsident?

Biden machte am Montag erneut deutlich, er wolle sich nicht erpressen lassen. McCarthy und die weiteren Führungspersönlichkeiten beider Parteien im Kongress habe er für den 9. Mai ins Weiße Haus eingeladen. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, betonte: "Wir können uns nicht den Luxus leisten, bis zum 1. Juni zu warten, um zusammenzukommen, ein ordentliches Gesetz zu verabschieden, um einen Zahlungsausfall zu vermeiden und katastrophale Folgen für unsere Wirtschaft und Millionen amerikanischer Familien zu verhindern." (red, APA, 2.5.2023)