Warum das Gemüse essen, wenn man damit auch spielen kann? Für viele Eltern wird das Thema gesundes Essen irgendwann zur Belastungsprobe.

Foto: Getty Images/iStockphoto/LightFieldStudios

Fünf Portionen Obst und Gemüse sollten es täglich sein. Diese Empfehlung gilt für Erwachsene und auch für Kinder. Das klingt wirklich einfach, und trotzdem sorgt es bei den meisten regelmäßig für endlose Diskussionen am Esstisch. Eltern versuchen dem Nachwuchs irgendwie und in Dauerschleife zu erklären, wie wichtig es ist, viel Gemüse und Obst zu essen, während die Kinder irgendwann einfach nicht mehr zuhören, Bäh rufen oder in den Essensstreik treten. Am Esstisch bleiben dann die meist erschöpften Eltern zurück, zusammen mit dem kalten Brokkoli und Karfiol des Nachwuchses.

Viele sehnen dann die Zeit der Beikost zurück, als das Baby noch ganz neugierig den ersten Pastinakenbrei in sich hineinschaufeln ließ oder genüsslich an den Brokkoliröschen lutschte. Doch wenn die Kleinen bemerken, dass es neben Karotten und roten Rüben auch noch Schnitzel, Pommes oder Nudeln gibt, lässt bei vielen die Begeisterung für Gemüse nach. Ein Team von Forschenden der Universität Mannheim und des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin untersuchte nun, ob die Essenszeit, die man gemeinsam als Familie am Tisch verbringt, Einfluss darauf hat, wie viel Gemüse und Obst in den Bäuchen der Kinder landet.

Dauer des Essens entscheidend

Anscheinend brauchen alle nur genügend Sitzfleisch, damit zumindest eine Portion der fünf empfohlenen von den Kindern verputzt wird. Denn im Experiment zeigte sich: Wenn die Verweildauer am Esstisch um zehn Minuten verlängert wird, also sich die Familien statt der durchschnittlichen 20 Minuten 30 Minuten Zeit nahmen, aßen die Kinder in etwa 100 Gramm mehr Obst und Gemüse. Insgesamt nahmen 50 Eltern und 50 Kinder an der Studie, die in der US-Fachzeitschrift JAMA Network Open veröffentlicht wurde, teil. Das Durchschnittsalter der Kinder lag bei acht und das der Eltern bei 43 Jahren. Bei dem Experiment wurden ein typisch deutsches Abendessen mit Brot, Aufschnitt und Käse sowie Obst- und Gemüsestücke in mundgerechten Portionen serviert.

Wie wichtig die 100 Gramm mehr pro Tag sind, erklärt Jutta Mata, Professorin für Gesundheitspsychologie an der Universität Mannheim: "Die Erkenntnisse der Studie hat praktische Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit. Eine zusätzliche Portion Obst und Gemüse täglich verringert das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen um sechs bis sieben Prozent."

Also auf die Dauer des Essens kommt es an, aber auch die Fantasie der Eltern. Denn auch die schönsten kleingeschnittenen Gurken und Äpfel werden auf Dauer langweilig. Ernährungswissenschafterin und Buchautorin Veronika Ottenschläger plädiert daher für Abwechslung: "Obst und Gemüse kann in den unterschiedlichsten Varianten angeboten werden, aus dem Ofen, geröstet, als Nudelsauce, im Kuchen oder auch als Kompott." Das Wichtigste dabei ist, dass Eltern immer mit gutem Beispiel vorangehen und selber gern bei vitaminreichen Nahrungsmitteln zugreifen.

Am Ball bleiben

Wer Kinder hat, kann bestätigen: Ihr Geschmack verändert sich ständig. Gerade bei kleineren Kindern passiert es häufig, dass das Lieblingsessen vom Vortag am nächsten Tag verschmäht wird und umgekehrt. Darum ist es laut Ottenschläger wichtig, den Kindern immer wieder verschiedene Obst- und Gemüsesorten anzubieten und keine Nahrungsmittel vom Speiseplan zu streichen: "Nur weil ein Kind heute keine Paradeiser mag, muss das nicht heißen, dass das morgen auch so ist."

Eltern sollten auch darauf achten, dass die fünf Portionen nicht ausschließlich aus Obst bestehen. Früchte haben von Natur aus einen höheren Gehalt an Fruchtzucker, der gerade für kleinere Kinder schnell zu viel werden kann. " Bei Obst sollten zwei Portionen – eine Portion ist dabei übrigens so groß wie die Hand des Kindes– nicht überschritten werden. Bei Gemüse hingegen kann gern auch mehr verzehrt werden," sagt die Expertin. (Jasmin Altrock, 4.5.2023)