In der Corona-Pandemie wurde die Skepsis gegenüber der Wissenschaft von Teilen der Bevölkerung besonders deutlich.

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Österreich zählt zu den Schlusslichtern in der EU, wenn es um das Vertrauen in wissenschaftliche Institutionen geht. Ein Drittel der Bevölkerung vertraut der Wissenschaft wenig bis gar nicht und setzt lieber auf den "gesunden Menschenverstand" – mehr als die Hälfte sieht die Wissenschaft gar als Teil "politischer Eliten". Das ergab das Wissenschaftsbarometer der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Befeuert wird die Skepsis vor allem durch Krisen, etwa den Klimawandel oder die Corona-Pandemie.

Das Wissenschaftsnetz Diskurs, eine Initiative aus einigen Forschenden, warnt deshalb vor der zunehmenden Wissenschaftsfeindlichkeit hierzulande, darunter auch Andreas Bergthaler. Der Virologe war in der Pandemie als Experte für die Gecko-Kommission tätig, diese löst sich mit Ende Juni auf.

Alarmierende Aussagen

Judith Kohlenberger, die zu Migration an der Wiener Wirtschaftsuniversität forscht, fordert von der Politik, dass sich diese Aussagen von Wissenschaftern nicht nur anhört, sondern sich damit auch kritisch auseinandersetzt und "im gegebenen Fall umzusetzen versucht".

Denn es sei alarmierend und eine Gefahr, wenn der Wissenschaft von der Politik nicht die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt wird, betont Reinhard Steurer, der sich an der Universität für Bodenkultur in Wien mit Klimafragen auseinandersetzt. Das Netz aus Forschenden verweist auf Aussagen von Regierungsmitgliedern, die zuletzt getroffen wurden – darunter jene von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) in einem Interview, als er betonte, dass die Politik in der Pandemie zu expertenhörig gewesen sei.

Deshalb brauche es innovative Strukturen, um der Wissenschaft mehr Gehör zu verschaffen und um in Kontakt mit der Bevölkerung zu treten, sagt Bergthaler. "Viele kleine Puzzleteile" sind laut dem Virologen notwendig, etwa Anreize für Forschende, mit Nichtfachpublikum zu sprechen, und Förderungen für den Wissenschaftsjournalismus.

Engagierter Auftritt und mehr Wissenschaftsvermittlung

Alle drei Forscherinnen und Forscher sehen die Verantwortung aber nicht nur bei der Politik und den Medien, sondern auch bei der Wissenschaft selbst. Diese müsse engagierter auftreten, aktiv in den Diskurs treten und den Menschen zeigen, wofür man stehe. Als Positivbeispiel wird von Bergthaler etwa Portugal genannt, das mit Investitionen in die Wissenschaftsvermittlung die Skepsis gegenüber der Forschung verringern konnte.

Die Gründe für die Wissenschaftsfeindlichkeit sind laut den Forschenden vielfältig. Vor allem in der Pandemie und in der Klimakrise werde man oft als Buhmann wahrgenommen, wenn die Wissenschaft auf Probleme hinweist. Das sei aber ihre Aufgabe, betont Steurer, der regelmäßig mit Studien auf die Klimakrise hinweist: "Es ist unsere Aufgabe, unbeliebt zu sein."

Die öffentliche Diffamierung von Wissenschafterinnen und Wissenschafter sowie die Abwertung wissenschaftlicher Erkenntnisse führe aber immer öfter dazu, dass sich Forschende aus der Öffentlichkeit zurückziehen, betont Kohlenberger.

Gerade jetzt sei es aber wichtig, sagen alle drei Forschenden, dass wissenschaftliche Erkenntnisse von der Politik und der Bevölkerung wahrgenommen werden, damit große Herausforderungen wie der Klimawandel bewältigt werden. (Max Stepan, 2.5.2023)