So also sieht das Gesicht des internationalen Finanzkapitals aus. Kantige Brille, schwarze Haare, ernster, aber freundlicher Ausdruck. Gregory Combet ist Aufsichtsratsvorsitzender bei IFM Investors. Das Unternehmen ist der größte Aktionär am Wiener Flughafen, hält aktuell etwas mehr als 43 Prozent der Anteile am Airport. Weil die Beteiligung von IFM verschachtelt aufgebaut ist und über gleich zwei Steueroasen bis nach Wien führt und da nicht ganz klar ist in Österreich, woher das Geld für IFM kommt, sind die Australier schon mehrmals in die heimischen Schlagzeilen geraten.

IFM gibt sich meist zugeknöpft, besonders bei Journalistenanfragen. Aber an diesem Vormittag in Sydney kommt Combet nicht aus.

Gerade ist eine Delegation aus Österreich zu Besuch beim European Australian Business Council, einer Lobby-Gruppe, die sich für stärkere gegenseitige Beziehungen einsetzt. Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) hat vor ausgewählten Unternehmen aus Österreich und Australien gesprochen und Potenzial füreinander betont. Kurz danach stellte Combet sein Unternehmen vor – auch IFM ist in der Lobby-Gruppe aktiv. Den australischen Finanzinvestoren, so viel wird nach den Ausführungen ihres Aufsichtsratschefs klar, gefällt Österreich. "Wir sehen Möglichkeiten, weitere Investitionen dort zu tätigen", sagte Combet.

Nach dem offiziellen Teil des Treffens, als der Australier vom STANDARD zu einem kurzen Gespräch gebeten wird, trübt sich die Stimmung erst mal ein. "Ach, Sie kommen also von dieser Zeitung, die dauernd diese schrecklichen Dinge über uns schreibt", sagt er in Anspielung an vergangene Artikel.

Verschachtelt und reich

Bereits seit 2014 ist IFM mit seiner Umwegkonstruktion am Flughafen Wien beteiligt. Die Anteile am Airport gehören der Luxemburger Airports Group Europe S.à r.l. Wie eine Recherche von ORF und "Profil" im vergangenen Herbst gezeigt hat, steckt hinter dieser luxemburgischen Gesellschaft eine weitere komplexe Konstruktion. Der Weg der Eigentümer führt von Luxemburg zu einem Trust auf den Cayman Islands. Das Kapital für die Investition in den Flughafen stammt von einem Fonds namens "IFM Global Infrastructure": Dahinter stecken die Fondsmanager von IFM, mit ihren zentralen Büros in Melbourne und Sydney.

IFM managt laut eigenen Angaben insgesamt ein Vermögen in Höhe von etwa 211 Milliarden australischen Dollar, das sind umgerechnet etwa 130 Milliarden Euro nach aktuellem Umrechnungskurs. Woher das Geld stammt, sind gar russische Investoren beteiligt, wie einmal gemutmaßt wurde? "No, no, no", sagt Combet mit empörtem australischem Unterton. Ein Hauptfinanzier sind laut seiner Darstellung australische Arbeiterinnen und Arbeiter.

Pensionisten exportieren Kapital

In Australien gibt es eine Versicherungspflicht: Arbeitgeber müssen etwas mehr als zehn Prozent der Lohnsumme ihrer Angestellten in einen Pensionsfonds einzahlen. In welchen, das dürfen sich Beschäftigte aussuchen. Zu den beliebten Fonds gehören jene, die von Gewerkschaften betrieben werden, mit einem australischen Terminus werden sie als Not-for-Profit-Pensionsfonds bezeichnet.

Diese Fonds sollen natürlich Gewinn erwirtschaften, aber der gesamte Profit wird an die Pensionistinnen und Pensionisten ausbezahlt, es gibt keine anderen Aktionäre.

17 solcher Pensionsfonds gehören IFM, und sie bringen einen Teil der Gelder auf, die IFM verwaltet, wie Combet sagt. Australien war seit der Kolonialisierung durch die Briten und auch seit der Unabhängigkeit 1901 ein Land, das stets Kapital aufnahm. Doch seit den 1990er-Jahren hat sich das zusehends verändert. Die Australier wurden immer reicher, und immer mehr Geld landete in kapitalmarktgestützten Pensionsfonds. Diese tragen heute das Geld in die Welt hinaus – "wir sind zu Kapitalexporteuren geworden".

Combet ist in Australien kein Unbekannter: Er war lange Chef des Australian Council of Trade Unions, eines Dachverbandes von Gewerkschaften. Und er gehörte für die Labor Party mehreren Regierungen an, unter anderem als Minister für Industrie und Klimawandel. Seit 2014 sitzt er im Aufsichtsrat von IFM.

Flughäfen und Seehäfen

Seiner Darstellung nach nehmen die Australier von weiteren hunderten Pensionsfonds aus der nördlichen Hemisphäre, also besonders aus Europa und den USA, Geld entgegen, das sie verwalten und anlegen. Neben klassischen Investments gehört Infrastruktur zum Schwerpunkt der IFM-Gruppe: Viele Pensionsfonds verwalten ihr Geld selbst, aber IFM habe Erfahrung, wie man Beteiligungen an Flughäfen, Mautstraßen und großen Häfen erfolgreich managen kann.

Der Flughafen Wien ist einer von 17 Airports, an denen IFM beteiligt ist.
Foto: APA

Und: IFM investiere gern dort, wo neben privatem Kapital auch öffentliche Anleger mit an Bord sind. Das mache den Flughafen Wien interessant, die Stadt Wien und das Land Niederösterreich halten je 20 Prozent. Warum öffentliche Beteiligung wichtig ist, erklärt Combet nicht. Aber immer wieder spricht er davon, dass sein Fonds die Gelder langfristig veranlagt – vermutlich sucht man nach anderen Partnern, die nicht nur aufs schnelle Geld aus sind. Insgesamt ist IFM an 17 Airports beteiligt, darunter an jenem in Manchester und am Londoner Flughafen Stansted. Über eine australische Holdinggesellschaft ist IFM auch Miteigentümer mehrerer großer australischer Frachthäfen.

"Fütterungsfonds"

Das Finanzkapital stammt also von Arbeitern und wird über Gewerkschaften gebündelt, die so zu Miteigentümern der Unternehmen werden – so zumindest die Darstellung des IFM-Repräsentanten. Tatsächlich jedoch bleiben Widersprüche, wie der STANDARD bereits mehrmals berichtete. Ein zentraler: STANDARD-Recherchen im Februar legten offen, dass hinter dem IFM-Trust 17 weitere Fonds stecken, sogenannte "Feeder-Funds" ("Fütterungsfonds"). Diese Fütterungsfonds haben laut Unterlagen der US-Börsenaufsicht SEC ihre Sitze unter anderem in Australien, Kanada, Großbritannien und den USA. In all diesen Fällen ist es durchaus plausibel, dass letztlich das Geld von Pensionisten in derartigen Fonds verwaltet wird.

Einer der Fütterungsfonds jedoch ragt hervor: Er residiert auf den Cayman Islands, die als Knotenpunkt für Gelder fragwürdiger Herkunft dienen – und gemeinhin nicht von regulären Pensionsfonds genutzt werden. Über diesen Cayman-Fütterungsfonds lässt sich noch dazu kaum etwas herausfinden. Wer also letztlich hier Geld in ein hochsensibles Unternehmen der kritischen Infrastruktur in Österreich steckt, weiß man schlicht nicht.

Gregory Combet von IFM. Der Finanzinvestor investiert gerne mit öffentlichen Partnern gemeinsam.
Foto: Imago

Unter anderem deshalb prüfte das Wirtschaftsministerium zuletzt einen Antrag von IFM auf mögliche Aufstockung seiner Anteile im Rahmen der Investitionskontrolle. Die Australier bekamen grünes Licht. Allerdings mit den, wie es im Ministerium heißt, "strengsten Auflagen", die es bei so einer Prüfung überhaupt je gegeben hat. Konkret dürfen die Australier nicht mehr als ihre aktuell zwei Vertreter in den Aufsichtsrat des Flughafens entsenden, auch dürfen sie die Satzung nicht ändern, um den Aufsichtsrat umzubauen.

Optimierte Steuern

Warum überhaupt wurde diese komplexe Investitionsstruktur gewählt? Steckt etwa aggressive Steueroptimierung als Beweggrund dahinter? "No, no", sagt Combet auch da, das sei internationaler Standard bei solchen Investitionen. Der Flughafen muss natürlich für Gewinne in Österreich Körperschaftssteuer zahlen. Aber: In Österreich dürfen ausbezahlte Dividenden des Airports, die in Luxemburg landen, nach EU-Recht nicht besteuert werden, dafür ist Luxemburg verantwortlich. Auch in Luxemburg darf in diesem Fall wohl nicht besteuert werden, und auf den Caymans gibt es keine entsprechende Abgabe. Allerdings: Bei IFM heißt es, die Gewinne werden versteuert, wenn sie zu den Eigentümern nach Australien zurückkehren.

In Down Under sorgte die Konstruktion der Fonds schon vor Jahren für Debatten, weil Labor gegen Steueroasen wettert. Das Argument der Gewerkschafter, um das Modell beizubehalten, lautete: Man wolle nicht doppelt zahlen, einmal im Ausland und dann nochmal im Inland. (András Szigetvari, 4.5.2023)