Ex-Kanzler Sebastian Kurz rät konservativen Parteien zu einem harten Kurs beim Migrationsthema und dazu, sich "nicht von der Kritik ihrer Konkurrenten und dem Druck der Medien verbiegen zu lassen".

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Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat in einem umfangreichen Gastkommentar für die deutsche "Welt" anlässlich der Wahl von Kai Wegner zum Berliner Bürgermeister ausgeführt, welche Richtung konservative Parteien seiner Ansicht nach einnehmen sollten, um erfolgreich zu sein.

Kurz hält darin schon einleitend fest, dass migrantische Gewalt in Europa immer mehr zunehme und die Gefahren unkontrollierter Zuwanderung gerade offen zutage treten würden. Das stelle die Konservativen vor eine Richtungsentscheidung. Als Erfolgsmodell für eine konservative Positionierung nennt Kurz die Ausrichtung eines strengen Law-and-Order-Kurses wie der des CDU-Politikers Kai Wegner mit dem Schwerpunkt Migration und Integration, der in Berlin das Bürgermeisteramt von der SPD erobern konnte.

Gegen "medialen Mainstream"

Kurz: "Für konservative Parteien in ganz Europa ist dieses Wahlergebnis aus meiner Sicht ein Lichtblick, denn es zeigt, dass es sehr wohl möglich ist, trotz widriger Ausgangssituationen Wahlen zu gewinnen. Der Schlüssel dafür liegt auch darin, den Mut zu haben, für die eigenen Werte und Positionen einzustehen, und nicht zu versuchen, einem medialen Mainstream zu gefallen oder andere Parteien links zu überholen."

Der Ex-Kanzler führt in seinem Beitrag weiter aus, dass es auf europäischer Ebene nach wie vor keine Lösung für die Migrationsfrage gebe und dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis neue Migrationswellen kämen.

Nicht von Medien "verbiegen" lassen

Er warnt seine Parteikollegen davor, sich von Kritik vom Kurs abbringen zu lassen: "Konservative und bürgerliche Parteien haben ein klares Wertefundament und wissen in Wahrheit ja auch, wofür sie stehen. Sie haben aber manchmal die Tendenz, sich von der Kritik ihrer Konkurrenten und dem Druck der Medien verbiegen zu lassen."

Wenn man Probleme im Bereich der Zuwanderung nicht offen und ehrlich diskutiere, habe dies fast immer ein Vakuum rechts der Mitte des politischen Spektrums zur Folge, das einen "Nährboden für rechte und rechtspopulistische Parteien" bilde. Diese seien immer dann stark, wenn die Unzufriedenheit in der Bevölkerung groß sei.

Die Schlussfolgerung des ehemaligen ÖVP-Chefs: Konservative Parteien müssten den Anspruch haben, die Menschen "mit vernünftigen Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit – darunter Migration, Digitalisierung, Klimawandel und Energie – zu erreichen". Die Gesellschaft entwickle sich immer weiter, das sollten laut Kurz auch konservative Parteien, jedoch: "Das bedeutet nicht, die eigenen Überzeugungen auf dem Altar der 'Wokeness' zu opfern, sondern sich dabei weiterhin auf das eigene Wertefundament zu verlassen." (red, 3.5.2023)