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Wien – Die Concordia-Preise für außerordentliche publizistische Leistungen sind an die "Dossier"-Redaktion, das "andererseits"-Team und Karikaturist Gerhard Haderer verliehen. Bei der Übergabe im Parlament am Mittwochabend kritisierte "Dossier"-Chefredakteur Florian Skrabal die Vergabepraxis öffentlicher Inserate, pochte das "andererseits"-Team auf Diversität im Journalismus und Chancengleichheit in der Gesellschaft und bat Haderer mit einem Augenzwinkern die Politiker, sich nie zu ändern.

Pressefreiheit und öffentliche Inserate

Die Redaktion der Rechercheplattform "Dossier" erhielt den Preis in der Kategorie Pressefreiheit für beharrliche und couragierte Recherchen zu medienpolitischen Themen verliehen. Wenig verwunderlich also, dass Chefredakteur Florian Skrabal in seiner Rede auch ausführlicher auf ein solches Thema zu sprechen kam: die Vergabepraxis öffentlicher Inserate. Auf der einen Seite stünden Politikerinnen und Politiker, die Karriere machen wollen – "koste es, was es wolle". Auf der anderen Seite stünden Verlegerinnen und Verleger, "die Medien machen – ich sage bewusst nicht Journalismus -, um jede Menge Geld zu verdienen", skizzierte Skrabal. "Es ist ein System, das der Korruption Tür und Tor öffnet."

Der "Dossier"-Chefredakteur vermisst einen "Schulterschluss" der Verleger. "Wo bleibt der Aufschrei gegen Regierungsinserate, mit denen versucht wird, sich schamlos PR zu kaufen? Wo ist der Protest gegen die Inserate öffentlicher Stellen, wenn diese just in Wahlkämpfen eingesetzt werden?" Im kommenden Jahr stehen mit der EU- und der Nationalratswahl wieder Wahlen an, erinnerte er und meinte: "Die Zeit ist reif, um die österreichische Unart, mit Regierungsinseraten in Wahlkämpfen einzugreifen, endlich abzustellen. Nichts Geringeres als die Glaubwürdigkeit unserer Branche und faire Wahlen, nichts Geringeres als die Demokratie stehen auf dem Spiel."

Menschenrechte und Diversität

Das Team der inklusiven Online-Plattform "andererseits" erhielt den Menschenrechtspreis für die Dokumentation "Das Spendenproblem" verliehen, die "Licht ins Dunkel" kritisch beleuchtet. Den Preis nahmen Redaktionsleiterin Lisa Kreutzer, Gründungsteammitglied Katharina Brunner und Fabian Füreder, der Teil des Podcast-Teams ist und an der Doku mitwirkte, entgegen. Füreder meinte in seiner Rede, dass Menschen mit Behinderung nicht auf Spenden – wie von "Licht ins Dunkel" gesammelt – angewiesen sein sollten. "Der Staat sollte gleiche Chancen für alle schaffen", so Füreder.

Brunner bezeichnete den Preis für "andererseits" als "Revolution im Journalismus". "Es gibt Hoffnung, dass die Medienwelt in Österreich ein bisschen verstanden hat, dass es eben nicht egal ist, wer Journalismus macht". Die meisten Redaktionen würden Menschen mit Behinderungen ausschließen, obwohl rund 18 Prozent der Bevölkerung eine Behinderung aufweisen. Bei "andererseits" habe man einen Raum geschaffen, wo Menschen mit Behinderungen als Journalistinnen oder Journalisten arbeiten können. Brunner bemängelte in ihrer Rede, dass die neue Qualitätsjournalismusförderung zu hohe Hürden für junge, innovative Medien wie "andererseits" aufweise. Die Einladung ins Parlament bleibe eine Geste, die zeigen solle, wie wichtig Qualitätsjournalismus sei, ohne Taten in Form von Gesetzen folgen zu lassen, sagte Kreutzer. "Auch morgen hat 'andererseits' als junges Online-Medium keinen Zugang zur klassischen Presseförderung."

Haderers Lebenswerk

Gerhard Haderer erhielt den Preis für sein Lebenswerk. Laudatorin Katharina Stemberger würdigte das Werk des Karikaturisten als "kraftvoll, zärtlich, entscheiden und manchmal auch laut". Beim Anblick seiner Karikaturen bleibe einem mitunter das Lachen im Hals stecken. Ihn zeichne sein "Wissen um die Unvollkommenheit von uns Menschen, unsere Unsicherheiten, Eitelkeiten, Ängste, Gier und Bösartigkeiten" aus. Den Platz nehme er stets auf der Seite der Schwachen ein. "Du erzählst ihre Geschichte, indem du jene zur Schau stellst, die dafür verantwortlich sind. Mit einem Ruck ziehst du den Vorhang der Verlogenheit weg", sagte die Autorin und Schauspielerin über Haderer.

Der Karikaturist hielt seine Rede kurz, obwohl er beteuerte gar nicht so scheu zu sein, wie ihm gern nachgesagt werde. Aber: "Ich bin bildender Künstler, der Platz am Rednerpult ist nicht meine Wohnstätte." Zudem solle man einem Kleinkünstler nicht unbedingt große Gedanken abringen. Einen Wunsch richtete er an die Politikerinnen und Politiker des Landes: "Bitte hören Sie nicht auf damit, sich weiter so zu verhalten, wie Sie es tun. Kultivieren Sie Ihre Sprache nicht, benehmen Sie sich nicht besser." So seien sie nämlich weiterhin beste Vorlage für seine Arbeit. (APA, 4.5.2023)