Eine mögliche Senkung der Umsatzsteuer ist für Martin Kocher weiterhin kein Thema.

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Der Druck auf die türkis-grüne Koalition hat in den vergangenen Tagen nochmals deutlich zugenommen. Am Montag stellte sich zunächst heraus, dass die Inflation im April erneut angestiegen ist, auf 9,8 Prozent, nachdem die Teuerung im Jahresabstand im März noch bei 9,2 Prozent lag.

Die Sozialpartner und die Opposition warfen der Regierung daraufhin Unfähigkeit vor: Sie habe die Situation mit ihrer Politik noch verschlimmert. Der Chef des Forschungsinstituts Wifo, Gabriel Felbermayr, setzte noch eines drauf und forderte die Regierung in der "ZiB 2" auf, mehr über Maßnahmen nachzudenken, wie die Teuerung zurückgedrängt werden könne. Auch die von ihm bisher abgelehnte Senkung der Umsatzsteuer auf Nahrungsmittel dürfe kein Tabu sein.

Treffen, kein Gipfel

Wirtschaftsminister Martin Kocher versucht seinerseits nun in die Offensive zu gehen und will ein Treffen mit führenden Wettbewerbsökonomen und Vertretern der Bundeswettbewerbsbehörde einberufen – von einem Gipfel wollte er explizit nicht sprechen.

Nach Möglichkeit schon kommende Woche will man sich zusammensetzen, um zu diskutieren, ob es Probleme beim Wettbewerb gebe in Österreich, was dazu führe, dass mögliche Preissenkungen für Rohstoffe, Lebensmittel oder Energie nicht weitergegeben werden.

Nachdenken über Preisdatenbank

Im Rahmen des Treffens soll auch über eine Preisdatenbank nachgedacht werden, wie sie von Expertinnen und Experten immer wieder gefordert wird. Es gebe bereits ein ähnliches Tool, sagte Kocher am Donnerstag, den Spritpreisrechner. "Nun gibt es Diskussionen, ob man das auf andere zentrale Güter übertragen kann, etwa mit einer Website, um Preise zu vergleichen." Das könne entscheidend sein, um Transparenz herzustellen.

Der Spritpreisrechner zeigt unter anderem die fünf günstigsten Tankstellen für Sprit und Diesel in der gewünschten Umgebung an. Welche Produkte in so einer Datenbank aufgenommen werden würden – so sie kommt –, müsse diskutiert werden. Benzin und Diesel sind zwei vom Preis her einfach zu vergleichende Produkte, allein bei Brot oder Butter gibt es dutzende Sorten.

Keine Senkung der Umsatzsteuer

Ein Nein kommt weiterhin zu einer möglichen Senkung der Umsatzsteuer. Dies wäre nicht treffsicher, argumentiert Kocher unisono mit Finanzminister Magnus Brunner bei einem gemeinsamen Journalistengespräch. Das wäre mehr "Gießkanne" als die bisherigen Maßnahmen der Regierung.

Mit dabei beim Gespräch war auch IHS-Chef Klaus Neusser, nicht allerdings der angesprochene Felbermayr. Kocher und Brunner verteidigten die bisherige Politik der Koalition in Reaktion auf die Inflation. Man wollte mit den Maßnahmen Kaufkraft erhalten, klar sei nicht alles treffsicher gewesen. Neusser selbst fand zu diesen Ausführungen keine kritischen Worte. Er sei selbst gegen eine Senkung der Umsatzsteuern auf Lebensmittel, plädiere für Kaufkraftstärkung und Unterstützung für ärmere Einkommensgruppen.

Die Debatten in Österreich nehmen auch deshalb Fahrt auf, weil die Inflation hierzulande deutlich höher ausfallen dürfte als in der Eurozone. Der Internationale Währungsfonds sagte etwas später für Österreich eine Teuerungsrate von 8,2 Prozent für dieses Jahr voraus. Für die Eurozone werden nur 5,6 Prozent erwartet. Das Wifo geht bereits davon aus, dass es seine Inflationsprognose von 7,1 Prozent für 2023 in Österreich nach oben revidieren muss.

Ausnahmsweise Zustimmung von FPÖ-Chef Kickl

FPÖ-Chef Herbert Kickl wies am Donnerstag darauf hin, dass die FPÖ schon im Mai 2020 einen Antrag für ein Preismonitoring und einen Inflationsstopp eingebracht hat. Diese seien "heute dringender denn je zum Erhalt unseres Wohlstands". Nötig sei eine Preisbremse für einen eigenen Warenkorb mit allen lebensnotwendigen Grundgütern, wie Lebensmittel, Mieten, Heizkosten, Treibstoffe. Außerdem forderte er eine Informationspflicht bei Abweichungen vom Preisband. Der Konsumentenschutzminister solle "im Anlassfall Preisstopps verordnen können".

Harsche Kritik und Rücktrittsforderungen an Brunner und Kocher hagelt es hingegen vonseiten der SPÖ, die der Regierung "Unfähigkeit" im Kampf gegen die hohe Inflation vorwirft. Die Einmalzahlungen der Bundesregierung würden nicht inflationsdämpfend wirken. "Und selbst bei der einzigen Maßnahme, die preisregulierend wirkt – nämlich der Strompreisbremse –, hat die Regierung gepfuscht", so Sozialsprecher Josef Muchitsch und Energiesprecher Alois Schroll. In einer parlamentarischen Anfrage wollen sie nun klären, wie hoch die tatsächliche Entlastung für die Haushalte ist. SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter ließ via Aussendung wissen: "Die hohe Inflation in Österreich ist hausgemacht, und die negativen Zahlen sind einmal mehr Beweis für das durchgehende Scheitern von ÖVP und Grünen." (András Szigetvari aus Sydney, red, 4.5.2023)