Wien – Ein bis zum Vorjahr bei einem Wiener Fußballverein tätiger Trainer soll seine Funktion als Verantwortlicher für die Mädchen-Teams missbraucht haben, indem er über Jahre hinweg ein übergriffiges Verhalten an den Tag legte. Seit 2017 soll es in den Jugendteams regelmäßig Übergriffe im Training und beim Massieren gegeben haben. Mit einer Minderjährigen soll es sogar zu Küssen und einvernehmlichem Sex gekommen sein, wie am Donnerstag am Landesgericht erörtert wurde.

Der mittlerweile entlassene Trainer war zum inkriminierten Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses insoweit geständig, als er zugab, dass es zu Berührungen gekommen sei: "Ein paar Sachen stimmen, ein paar nicht." Den einvernehmlichen Sex mit einer 2003 geborenen Spielerin stellte der 41-Jährige in Abrede: "Das ist frei erfunden. Sie war nie allein bei mir in der Wohnung." Das Mädchen sei "eine der talentiertesten Spielerinnen, die ich je hatte" gewesen, meinte der Mann, der seit 2014 bei dem Verein beschäftigt gewesen war.

Die Anklage bezieht sich auf einen Zeitraum von 2017 bis 2020 und umfasst insgesamt sieben minderjährige Mädchen. "Fußball war ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens, wenn nicht der wichtigste", sagte die Staatsanwältin zu Beginn der Verhandlung. Der Angeklagte habe seine Stellung als Trainer der ambitionierten Nachwuchssportlerinnen "bewusst missbraucht" und diese regelmäßig unsittlich berührt. Beim Massieren habe er mitunter den Intimbereich berührt, einer Betroffenen habe er "bei jedem zweiten oder dritten Training gezielt aufs Gesäß gegriffen", sagte die Staatsanwältin.

"Klaps auf den Hintern"

Zunächst hatte der Trainer Buben trainiert, ehe er den Mädchen-Nachwuchs überantwortet bekam. "Mädchen nehmen sich alles mehr zu Herzen, weil sie zu einem Trainer ein anderes Verhältnis haben", behauptete der 41-Jährige. Er habe den Sportlerinnen "beim Einwechseln einen Klaps auf den Hintern gegeben", räumte er ein: "Ich hab' mir damals nichts gedacht, ich finde es jetzt nicht mehr in Ordnung." Es sei "als Motivation" gedacht und "eine Albernheit" gewesen.

Was das Massieren betrifft, habe er oft auf Wunsch der Mädchen vor Spielen und Trainings eine "wärmende Salbe" aufgetragen, wenn diese muskuläre Probleme hatten. Das Massieren der Oberschenkel habe maximal 30 Sekunden gedauert. Sollte er dabei dem Intimbereich der Fußballerinnen zu nahe gekommen sein, "war das bestimmt nicht Absicht". Eine "sexuelle Motivation" habe es nicht gegeben.

Ein Scherz unter Kumpels

Die Staatsanwältin legte in diesem Kontext dann allerdings Chat-Nachrichten vor. Einem Bekannten gegenüber teilte der Angeklagte etwa zunächst mit, eine seiner Sportlerinnen habe eine "super Figur". Um dann hinzuzufügen: "Wenn das so weitergeht, scheiß ich auf 18. Ein bissi Gefängnis schadet nie." Damit konfrontiert, meinte der Ex-Trainer, das sei "ein Scherz unter Kumpels" gewesen.

Den ihm unterstellten Sex stellte der Mann als "Verschwörung" dar. Er könne sich diese Anschuldigung nicht erklären. Offenbar habe die Fußballerin, die das behaupte, ihn loswerden wollen und einen neuen Trainer gewünscht. Sie habe sich deswegen mit "Mädchen, die einen Zorn auf mich entwickelt haben" zusammengetan, um akkordiert gegen ihn vorzugehen: "Die waren so schwach, dass sie den Verein wechseln mussten." Daher habe die Fußballerin diese "mit ins Bott geholt" und dazu bewogen, gegen ihn auszusagen.

"Als Trainer all in gegangen"

Die Verhandlung wurde zur Einvernahme sämtlicher von den angeblichen Übergriffen betroffener Sportlerinnen auf Ende Juni vertagt. Die Staatsanwaltschaft will überhaupt sämtliche Mädchen bzw. jungen Frauen als Zeuginnen hören, die vom Angeklagten trainiert wurden. "Die ganze Trainerkarriere ist für ihn vorbei. Seinen Job wird er auch verlieren. Er ist jetzt schon gestraft", hielt Verteidiger Walter Pirker abschließend fest. Dem Anwalt war es außerdem noch wichtig zu betonen, dass sein Mandant seine Aufgabe "extrem ernst" genommen habe: "Er ist als Trainer all in gegangen. Das war sein Leben."

Im Fall einer Verurteilung drohen dem 41-Jährigen bis zu drei Jahre Haft. Die Staatsanwaltschaft hat ausschließlich das Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses zur Anklage gebracht, weil sämtliche Betroffene über 14 und keine Gewalt oder sonstige Tatbestandsmerkmale im Spiel waren, die Grundlage für ein weiteres Missbrauchsdelikt geboten hätten. (APA, red, 4.5.2023)