Will mit der FPÖ regieren: Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP).

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"Das verlorene Ansehen des Wilfried Haslauer" ist der Titel des neuesten Rührstücks auf Österreichs politischem Schmierentheaterzettel. Ein Landeshauptmann auf dem Scheideweg zwischen Hochkultur und Herbert Kickl, dem Volkskanzler, das ist Brutalität! Und ein Land durchleidet seine Seelenqualen mit ihm, wie die Kommentare quer durch die Medien zeigen.

Es hätte nicht so weit kommen müssen, wären die Sozialdemokraten früher von ihrem Prinzip der kollektiven Führungslosigkeit ab- und auf ein wenig mehr Entschlossenheit hingerückt. Sie hätten Haslauer dem anderen Wind ausgeliefert, der als freiheitlicher Darmwind schon demnächst ganz Österreich durchwehen soll, und das nur, weil die sich nicht mit den Windmachern zusammenzwingen lassen wollten. Da blieb ihm gar nichts anderes übrig als der Versuch, seinen Ekel vor Kickl mit einer Marlene Svazek zu überwinden, in der Hoffnung, sie verkörpere eine festspieltauglichere FPÖ. Immerhin hat er sich dafür die Schamfrist eines Wochenendes gegönnt.

Das wird auf Dauer nicht aufgehen. Der verbale Terror, den Kickl zuletzt am 1. Mai in bester Gauredner-Rhetorik pflegte und der uns nun wohl bis zu den Neuwahlen gesteigert begleiten wird, soll lähmende Wirkung in möglichster Breite ausüben – und was manche Medien betrifft, die ihn schon auf dem Ballhausplatz sehen, nicht ohne Erfolg. Es ist ein Rezept, das sich in den Dreißigerjahren schon einmal bewährt hat und auch jetzt seine Wirkung nicht völlig verfehlt, sieht man, wie große Teile der Volkspartei darauf reagieren.

Verhasste Rote

Dass Haslauer vielleicht auch nur dem Druck seiner blauaffinen Funktionäre außerhalb der Landeshauptstadt nachgegeben hat, mag sein, macht aber nichts besser. Denn es stellt sich die Frage, wie wird, wenn es so weit ist, Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer auf die Zumutung reagieren, seinen Job an Kickl abzutreten. In unbelehrbaren Kreisen der Volkspartei überwiegt die Sympathie für eine Komplizenschaft mit den Freiheitlichen. Mag es schon zweimal in einer das ganze Land beschädigenden Weise schiefgegangen sein, egal, wenn es nur die verhassten Roten vom Regieren fernhält.

Bisher hat Nehammer eine Koalition mit der Kickl-FPÖ ausgeschlossen, mit der Begründung, sie habe sich massiv radikalisiert. Das hat seine oberösterreichischen Parteifreunde ebenso wenig gestört wie Johanna Mikl-Leitner daran gehindert, dem Ajatollah-Charme eines Udo Landbauer zu erliegen, der sie sogar vergessen ließ, dass sie in seinen Augen unwählbar war. Man ist in der ÖVP zu Opfern bereit.

Wird das vor allem mit Fremdenhass aufgeblasene, auf keinerlei sachliche Beiträge zu den Problemen des Landes gestützte Selbstbewusstsein der Kickl-Truppe Nehammer zu einer Änderung seiner Haltung bewegen oder ihn darin bestärken? Aus eigener Kraft wird Kickl nicht Bundeskanzler, und wenn ihn einer dazu machen kann, dann wäre es in der derzeitigen Situation ein Nehammer, der den Sündenfall vor dem Führerprinzip schon einmal vor Kurz geübt hat. Aber es ist nie zu spät, aus der Geschichte zu lernen, vor allem, wenn sie sich so deutlich in miserablen Wahlergebnissen ausspricht.

Nehammer sollte sich bald äußern. Man will ja wissen, ob die Journalistenausbildung künftig in völkischer Beobachtung besteht. (Günter Traxler, 4.5.2023)