Ein Paar auf Wolke sieben denkt nicht gerne über das Ende der Beziehung nach. Klug wäre es aber.

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"Sollten wir nicht heiraten?", frage ich meinen Freund. Der steht in Schlabberlook vor dem offenen Kühlschrank und schaut mich entsetzt an. "Ist das gerade ein Antrag?", stottert er. Ist es einer? Ich weiß es nicht. Wir haben zwei Kinder, deswegen sollten wir darüber reden, finde ich. Ein Jahr Karenz und Baby versorgen: Habe ich gemacht, bei beiden Kindern. Und ich bin auch diejenige, die in Teilzeit arbeitet, während mein Freund ein Unternehmen aufbaut. Der Hauptteil der Kindererziehung, der sogenannten Care-Arbeit, liegt also bei mir. Das ist auch okay. Diese klare Rollenverteilung haben wir so ausgemacht. Was aber, wenn wir uns trennen? Dann habe ich jahrelang "gratis" meine Arbeitskraft als Mutter und Hausfrau zur Verfügung gestellt und stehe am Ende ohne was da.

"Heiraten wegen der Kinder?"

Auf der anderen Seite: Ist Heiraten nicht antiquiert? Und aus der Perspektive einer Frau irgendwie unemanzipiert?

Carmen Thornton ist Anwältin für Familienrecht und findet: "Wenn sich ein Elternteil hauptsächlich um die Kinder kümmert, bietet die Ehe eine gute Absicherung." Beruflich stecken meistens die Frauen zurück, sobald Kinder kommen. In Österreich gehen nur etwa zehn Prozent der Väter in Karenz. Dabei nehmen sich die meisten weniger als drei Monate Zeit dafür. Sechs Monate Karenz oder mehr nimmt überhaupt nur ein Prozent der Väter. Und damit ist es nicht getan: Mütter arbeiten im Anschluss oft jahrelang in Teilzeit, um sich um die Kinder zu kümmern. "Als unverheiratete Frau und Mutter steht man vor dem Nichts, sollte die Beziehung in die Brüche gehen", sagt Thornton. "Das ist eine Katastrophe!"

Na bumm. Eine Katastrophe also. In der Realität gibt es aber sehr viele unverheiratete Paare mit Kindern. Auch in meinem Umfeld. Und die Statistik sagt: Etwa 40 Prozent der Kinder in Österreich werden in nicht verheiratete Beziehungen geboren. Tendenz steigend. "Viele denken, sie brauchen die Ehe nicht. Sie wollen möglichst frei und ungebunden leben und sehen gar nicht, dass es auch ein Absicherungskonzept für schlechte Tage ist", erklärt die Familienanwältin den Trend.

"Im Todesfall besteht bei einer Ehe ein gesetzliches Erbrecht und man hat als hinterbliebener Partner Anspruch auf Witwer-/Witwenpension", sagt Thornton. "Außerdem kann man beim Ableben des Partners etwa in den Mietvertrag eintreten. Wenn man eine Eigentumswohnung hat, besteht lebenslanges Wohnrecht." All diese Rechte haben Hinterbliebene einer Lebensgemeinschaft nicht.

"Welche Unterschiede gibt es zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft?"

Seit 2019 gibt es die Ehe für alle. Gleichzeitig wurde die eingetragene Lebenspartnerschaft für verschiedengeschlechtliche Paare zugänglich. Ist sie eine gute Alternative zur Ehe?

Vielen Paaren erscheint die Ehe als zu verbindlich. Die eingetragene Partnerschaft hingegen wirkt auf den ersten Blick, vielleicht auch historisch bedingt, progressiv. Schließlich mussten sich homosexuelle Paare Stück für Stück ihre Rechte über die eingetragene Partnerschaft erkämpfen. Fakt ist aber: Die eingetragene Partnerschaft unterscheidet sich kaum von einer Eheschließung. In beiden Fällen handelt sich um einen Vertrag mit den gleichen, wechselseitigen Rechten und Pflichten. "Paare haben die Möglichkeit, zwischen zwei Optionen zu wählen, die am Ende fast identische Rechtsfolgen haben", sagt Thornton. "Besser wäre es, die eingetragene Lebenspartnerschaft endlich rechtlich umzugestalten, um Paaren tatsächlich eine echte Alternative zu bieten."

Carmen Thornton ist selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Ihre Kanzlei ist spezialisiert auf Trennungen und Scheidungen sowie Obsorge- und Unterhaltsverfahren. Auf derStandard.at/Familie beantwortet sie rechtliche Fragen bezüglich des Familienlebens.
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Das Verschuldensprinzip etwa, das viele junge Paare als absolut veraltet ansehen, gilt nicht nur in der Ehe: "Auch in der eingetragenen Lebenspartnerschaft hat die Schuld an der Trennung einen Einfluss auf einhergehende Unterhaltsfragen."

In der Realität ist jedoch nicht immer eindeutig, wer Schuld an der Trennung hat, mit mühsamen Streitereien als Folge. In Deutschland wurde deswegen die Scheidung wegen Verschuldens vor mehr als 40 Jahren aus dem Gesetz gestrichen. Auch in Österreich wird seitdem über das Ende des Verschuldensprinzips diskutiert – noch ohne Lösung.

"Wann ist ein Ehevertrag sinnvoll?"

"Um Unterhaltszahlungen vorab zu regeln und das Verschuldensprinzip abzufedern, ist ein zusätzlicher Vertrag ratsam", sagt Thornton. "Viele glauben, Männer müssen bei einer Scheidung für ihre Frauen automatisch Unterhalt bezahlen." Das sei aber ganz anders: Nur wenn die Ehe aus dem Verschulden des anderen geschieden wird, hat man als weniger vermögender Ehepartner einen Unterhaltsanspruch. "Ein hohes Risiko für Mütter, die jahrelang wegen der Kinder beruflich zurückgesteckt haben, warnt sie. "Nach der Scheidung ziehen die Kinder vielleicht zum Ex, weil er mehr bieten kann – und plötzlich steht man ohne finanzielle Absicherung da." Die Lösung: der Ehevertrag. Mit dem können Unterhaltszahlungen vorab geregelt werden.

Das Problem: Eheverträge gelten als unromantisch. Wer möchte schon vor der Hochzeit mit dem zukünftigen Partner darüber diskutieren, was im Falle einer Trennung passieren soll? "Ich sehe das anders", sagt die Anwältin. "Ein Ehevertrag oder ein Partnerschaftsvertrag ist eine gute Möglichkeit als Paar vorab zu besprechen, was man möchte und was nicht."

Aus der Praxis weiß sie, dass den meisten Paaren gar nicht bewusst ist, worauf sie sich bei einer Eheschließung oder eingetragenen Partnerschaft überhaupt einlassen. "Die Ehe ist ein Vertrag mit vielen Rechten und Pflichten. Über die Rechtslage sollte man sich vor der Hochzeit informieren."

Und es gibt weitere Punkte, die in einem Ehevertrag oder Partnerschaftsvertrag geregelt werden können: "Wenn etwa ein Partner im Unternehmen des anderen mitarbeitet oder wenn man vor der Eheschließung gemeinsam ein Haus gebaut hat, aber nur einer im Grundbuch eingetragen ist, dann sollte das vertraglich geregelt werden."

Machen Sie den Test:

"Wie können sich unverheiratete Langzeitpaare dennoch gegenseitig absichern?"

"Auch für möglichst ungebundene Paare gibt es Alternativen zur gegenseitigen Absicherung (siehe Infokasten)", sagt Thornton. Eine Möglichkeit ist der Partnerschaftsvertrag. Damit können Lebensgefährten individuelle Vereinbarungen treffen. Er dient dazu, ähnlich wie bei einem Ehevertrag, im Falle einer Trennung oder nach dem Tod das Vermögen, Wohnrecht oder die Unterhaltszahlung zu regeln. Zusätzlich können Vollmachten eingeräumt werden. Bei einem medizinischen Notfall ist der Lebenspartner befugt, Entscheidungen zu treffen. "Man darf nicht vergessen, dass man als Lebensgefährte in vielen Bereichen wie Fremde zueinander behandelt wird. Wenn der Langzeitpartner im Krankenhaus liegt, haben Sie vielleicht nicht einmal ein Besuchsrecht."

Letztlich müssen unverheiratete Paare viele Verträge zusätzlich abschließen und vom Notar beglaubigt lassen, um eine gegenseitige Absicherung zu regeln. "Oft landet man damit bei den gleichen Regelungen, die auch in der Ehe gelten", sagt Thornton.

Fazit: Sind Kinder geplant, ist die Ehe noch immer ein faires Konzept zur gegenseitigen Verantwortungsübernahme. Ein zusätzlicher Vertrag kann Streitigkeiten im Falle einer Trennung vermeiden. (Nadja Kupsa, 6.5.2023)