Kürzlich erreichte die Immobilienredaktion die E-Mail eines Lesers. Er kritisierte unsere Geschichte "Zehn Gründe für die Wohnungsmisere in Österreich", unterstellte uns "ökonomisches Unwissen" und wollte festgehalten wissen, dass der Immobilienmarkt "ein Markt wie jeder andere" sei. Meine Überzeugung, dass es eben genau nicht so ist, hat das aber nicht erschüttert.
Warum? Zum einen ist der Immobilienmarkt ein hochkomplexer und "unvollkommener" Markt, wie auch der deutsche Immobilienökonom Michael Voigtländer feststellte. Er hält den Immobilienmarkt am ehesten noch mit dem Arbeitsmarkt für vergleichbar: In beiden gebe es "Matching-Probleme", der jeweilige Markt ist also für viele sehr unübersichtlich, es herrscht oft Informationsmangel über das Angebot, und es hängt an individuellen Vorlieben, wofür man sich letztlich entscheidet. Zudem herrschen am Immobilienmarkt angebotsseitig krasse Qualitätsunterschiede, und es dauert außerdem sehr, sehr lange, bis eine neu entstandene Nachfrage bedient werden kann, meistens Jahre.
Eingriffe in den Markt
Nicht zuletzt ist jede Wohneinheit ein Unikat, es gibt kein zweites Mal haargenau die gleiche Wohnung. Und das heißt auch, dass eine Wohnung nicht beliebig oft produziert werden kann – abgesehen davon, dass es in sehr starkem Ausmaß an den von der Politik vorgegebenen Rahmenbedingungen liegt, wo, was und wie gebaut werden kann. Das hat mit der Widmungshoheit der Gemeinden und der begrenzten Verfügbarkeit von Grund und Boden zu tun.
Überhaupt rückt die Bodenpolitik immer mehr ins Zentrum des Wohnbaugeschehens. Denn der Druck auf einen vernünftigeren Umgang mit dem Boden nimmt stetig zu, die Politik wird hier immer stärker lenkend in den Markt eingreifen, also Bauen im Bestand und Flächenrecycling attraktivieren und das Bauen auf der grünen Wiese verunmöglichen, müssen.
Alles ganz "normal"? Eher nicht. (Martin Putschögl, 6.5.2023)