Europäische Forschungsprojekte werden mit dem "Proof of Concept"-Preis gefördert (Symbolbild).
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Zu den begehrten europäischen Forschungspreisen gehört die "Proof of Concept"-Förderung des Europäischen Forschungsrats (ERC). Den mit jeweils 150.000 Euro dotierten Zuschuss erhalten in der aktuellen Antragsrunde auch eine Forscherin und ein Forscher, die in Österreich tätig sind: Die Physikerin Anna Maria Coclite von der Technischen Universität Graz und der Chemiker Nuno Maulide von der Universität Wien zählen zu den 66 Forschenden in Europa, die den Preis erhalten. Das gab der ERC am Freitag bekannt.

Insgesamt wurden dafür zehn Millionen Euro ausgeschüttet. Mit dem "Proof of Concept"-Preis, der auch als PoC abgekürzt wird, soll das kommerzielle beziehungsweise gesellschaftliche Potenzial von Projekten der Grundlagenforschung ausgelotet und deren Ergebnisse näher an den Markt gebracht werden. Die PoC-Förderung steht nur Wissenschafterinnen und Wissenschaftern offen, die bereits zuvor in einer der hochdotierten Förderschienen des ERC erfolgreich waren. Sie können damit etwa die Praxistauglichkeit ihrer wissenschaftlichen Konzepte überprüfen, Geschäftsmöglichkeiten erkunden oder Patentanmeldungen vorbereiten.

Hautgefühl für Brandopfer

Für die Entwicklung einer smarten künstlichen Haut hat Anna Maria Coclite vom Institut für Festkörperphysik der TU Graz 2016 einen "Starting Grant" des ERC bekommen. Sie hat im Zuge dieses Projekts das nur 0,006 Millimeter dünne Hybridmaterial "Smartskin" entwickelt, das Druck, Feuchtigkeit und Temperatur simultan wahrnehmen und in elektronische Signale umwandeln kann.

Mit 2.000 Sensoren pro Quadratmillimeter ist das Material feinfühliger und vielfach dünner als die menschliche Haut. Nun sucht die Forscherin mit der PoC-Förderung nach Anwendungspartnern zur Auslotung der Einsatzmöglichkeiten, etwa um Brandopfern zu helfen, ihr Hautgefühl wiederzuerlangen.

Auf giftige Metalle verzichten

Der Chemiker Nuno Maulide von der Universität Wien hat 2016 einen "Consolidator Grant" des ERC erhalten, um bestimmte chemische Reaktionen effizienter und umweltfreundlicher zu machen. Hintergrund ist das Problem, dass bei der Herstellung von Molekülen die notwendigen Bausteine nicht zueinander finden können, wenn ein dichtes Gedränge vieler großer Moleküle herrscht.

Maulide hat einen chemischen Kniff gefunden, um die Bausteine näher aneinander zu bringen, damit sie dann eine Verbindung eingehen können. Benötigt werden dafür nur geringe Mengen eines sauren Katalysators und – im Gegensatz zu bisherigen Verfahren – keine giftigen Metalle wie Blei. Auch sonst fällt kaum Abfall an. Das macht die Methode für industrielle Anwendungen interessant, die nun durch die PoC-Förderung näher rücken dürften. (APA, red, 5.5.2023)