Im Finale der Befragung der SPÖ-Mitglieder, wer die Partei in eine bessere Zukunft führen soll, geht es noch einmal heftig zur Sache. Es wird mit allen Tricks gekämpft. Wohlgemerkt: gegeneinander! Nicht gegen die politischen Gegner.
Pamela Rendi-Wagner, Hans Peter Doskozil und Andreas Babler bleiben einander an Gemeinheiten nichts schuldig. Die Diagnose der Parteichefin, wonach es Ex-Kanzler Christian Kern an "Charakterstärke" mangle, weil er den burgenländischen Landeshauptmann unterstützt, sorgte rund um die Feiern zum 1. Mai für innerparteiliches Kopfschütteln.
Doskozil ließ via ORF wissen, dass es für ihn klar sei, was er als Führungskraft zu tun hätte, wenn er die SPÖ nicht mehr nach vorn brächte: zurücktreten! Gemeint war die Parteichefin.
Wenige Tage vor Befragungsschluss trat nun der Traiskirchner Bürgermeister auf den Plan. Er legte ein Foul gegen Rendi-Wagner besonders subtil – nämlich indirekt – an.
Babler bzw. sein Team veröffentlichte ein Strategiepapier zur künftigen außen- und europapolitischen Ausrichtung der Partei. Die internationale "Vernetzung" der SPÖ sei seit vielen Jahren vernachlässigt worden, heißt es darin.
Nötige Orientierung
Dazu muss man wissen: Außen- und europapolitische Sprecherin ist Rendi-Wagner. Das Dokument ist sehr professionell verfasst, was etwa soziale EU-Politik, die Sicherheitslage in der Welt oder die dringend nötige globale wirtschaftliche Orientierung Österreichs betrifft. Ganz auf der Höhe der Zeit.
Die Neutralitätspolitik betonen die Verfasser ebenso, wie sie Wladimir Putins Krieg verurteilen und "maximale Unterstützung der Ukraine in ihrem legitimen Kampf gegen die russische Aggression" fordern. Eine wohlformulierte Spitze gegen die Parteichefin. Sie hatte die Brüskierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj durch den halben SPÖ-Klub im Nationalrat toleriert.
Der Clou dabei: Nicht Babler hat das zu Papier gebracht, sondern Ex-Spitzendiplomaten, die der SPÖ angehören, einst engste Mitarbeiter von Bruno Kreisky und Franz Vranitzky. Via Agentur hieß es prompt: Ex-Kreisky-Sekretär "Petritsch und weitere SPÖ-Topdiplomaten setzen auf Babler".
Gänzlich wahr ist daran nur, dass sie den Bürgermeister, der vor zehn Jahren noch den EU-Austritt Österreichs bejahte, stundenlang berieten, ihm etwas "Nachhilfe" gaben. "Ich bin nicht Teil der Babler-Kampagne", sagt ein Beteiligter. Mag sein. Aber die Creme der Diplomatie weiß an sich, wie Politik funktioniert. Nicht immer in Freundschaft. Die Watsch’n für "Pam" sitzt. (Thomas Mayer, 5.5.2023)