Eduard Heger zieht sich von seinem Amt des Premierministers zurück.

Foto: APA/AFP/JOE KLAMAR

Bratislava – Regierungskrise in der Slowakei: Ministerpräsident Eduard Heger hat am Sonntag seinen Rücktritt erklärt. "Nach Gesprächen mit meinen Kollegen, der Bewertung der politischen Realität und vor allem dessen, was am besten ist für die Slowakei, habe ich entschieden, dass es die von Konflikten traumatisierte Slowakei nicht verdient hat, dass die politische Krise auch nur einen einzigen weiteren Tag weitergeht", erklärte Heger vor Journalisten in Bratislava.

Expertenkabinett bis Dienstag erwartet

Heger kam damit offenbar einer Entlassung durch Staatspräsidentin Zuzana Caputová zuvor. Diese dürfte seine "alternativen Lösungen" für die nach Ministerrücktritten entstandene Krise offenbar nicht akzeptiert haben. Darunter die Besetzung vakanter Kabinettsposten mit von ihr bestimmten Experten. Er habe auch die Alternative angeboten, die Regierung nicht mehr selbst zu führen, so Heger. Bleiben sollten nur die Minister, die für die Verteilung von Sozial- und Wirtschaftshilfe, den milliardenschweren EU-Aufbauplan und die Ukraine-Hilfe verantwortlich seien. Die Präsidentin habe abgelehnt.

"Ich habe daher beschlossen, die Präsidentin um die Entbindung von meiner Beauftragung zu ersuchen, und ihr somit Raum zu geben, um zu versuchen mit einer Expertenregierung stabil und in Ruhe die Slowakei zu demokratischen Parlamentswahlen zu führen," sagte Heger.

Expertenregierung

Caputová hat am Sonntag die Bildung einer Regierung aus Experten und Beamten angekündigt. Diese stehe unter der Leitung des Finanzexperten Ludovít Ódor. Der 46-Jährige ist derzeit Vize-Gouverneur der Slowakischen Nationalbank NBS.

Die Minister seien zwar bereits ausgewählt, aber ihre Ernennung erfolge erst in der Woche ab 15. Mai, weil sie davor noch die Parlamentsparteien informieren wolle, sagte die Präsidentin in Bratislava. Bis dahin habe der kommissarisch amtierende Ministerpräsident Eduard Heger die Pflicht, seine Arbeit fortzusetzen.

Der Regierung würden Experten angehören, die nicht die Absicht hätten, bei der Parlamentswahl am 30. September zu kandidieren, sagte Caputová. Damit solle ausgeschlossen werden, dass jemand die vorübergehende Regierungsfunktion zu Wahlkampfzwecken missbrauche. Caputová tritt ebenso wie Heger für eine militärische Unterstützung der Ukraine ein. Daher wird vorerst nicht erwartet, dass sich der außenpolitische Kurs der Slowakei ändert.

Sozialdemokraten dürften bei Neuwahlen punkten

Erst am Freitag war Landwirtschaftsminister Samuel Vlcan wegen einer Korruptionsaffäre zurückgetreten. Überraschend warf dann auch Außenminister Rastislav Kácer das Handtuch. Kácer galt als enger Vertrauter Hegers und einer der Vorreiter der militärischen Unterstützung des von Russland angegriffenen Nachbarlandes Ukraine. Heger hatte sich erst im März von der führenden Parlamentspartei Oľano ("Gewöhnliche Menschen und unabhängige Persönlichkeiten") losgesagt und eine eigene Partei gegründet. Bei den vorgezogenen Neuwahlen wird eine massive Stärkung des pro-russischen Lagers in der Slowakei erwartet, angeführt von der sozialdemokratischen Partei Smer (Richtung) des Ex-Premiers Róbert Fico.

Seit dem Vorjahr amtiert in der Slowakei nur noch eine Übergangsregierung, nachdem die europaskeptische liberale Partei SaS (Freiheit und Solidarität) die Mitte-Rechts-Regierung verlassen und um ihre Parlamentsmehrheit gebracht hat. Hintergrund war der Dauerkonflikt mit Olano-Chef Igor Matovič, dessen Demission als Regierungschef die SaS erzwungen hatte. Seit einem verlorenen Vertrauensvotum im Dezember war das Kabinett Heger nur noch kommissarisch im Amt. (APA, red, 7.5.2023)