Zu viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Kurs schmälern den Lernerfolg.
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Seit Jänner habe sich die Situation noch einmal verschlechtert, sagt eine Erwachsenenbildnerin, die lieber anonym bleiben möchte. Dreißig Jahre arbeitet sie bereits als Deutschlehrerin mit Asylwerbern, Vertriebenen und Flüchtlingen. "Jeder meiner Teilnehmer ist traumatisiert", ergänzt sie. Das bedeute, dass sie nicht nur als Sprachlehrerin arbeite, sondern auch als Sozialarbeiterin und Therapeutin. "Wie soll jemand Deutsch lernen, wenn er gerade akut von Obdachlosigkeit bedroht ist oder wenn eine Teilnehmerin Gewalt erfahren hat", zählt die Trainerin auf. Seit diesem Jahr ist nun in den Kursen, die durch den Österreichischen Integrationsfond (ÖIF) finanziert werden, die Teilnehmerzahl von bisher zwölf auf 16 erhöht worden. Bei den vom AMS finanzierten Kursen ist die Teilnehmerzahl von zwölf pro Kurs unverändert geblieben. "Ein Drittel mehr Teilnehmer bedeutet aber auch ein Drittel mehr Betreuungs- und Dokumentationsaufwand."

Viele Zusatzaufgaben

Neben der Sprachvermittlung sollen die Teilnehmenden auch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. "Das heißt, wir sollen mit ihnen einen Lebenslauf schreiben, Stelleninserate durchgehen und Bewerbungen schreiben." Viele müssen aber erst einmal die Schrift erlernen. Eine spezielle Beratung dafür werde vom ÖIF aber nicht bezahlt, das soll alles in den Kurs integriert werden. Zwei Gruppen betreut sie täglich, jeweils drei Stunden dauern die Kurse, acht Wochen lang. Unter diesen Rahmenbedingungen sei es auch für die Teilnehmenden schwierig, das angepeilte Sprachniveau zu erlangen, gibt sie zu. Damit verringern sich aber auch die Chancen am Arbeitsmarkt oder bei der Integration. Ständige Weiterbildung sei ihr wichtigstes Rüstzeug für diese Tätigkeiten, Resilienz eine der wichtigsten Eigenschaft, die man in diesem Beruf entwickeln muss, mehr Wertschätzung auch in Form einer monetären Anerkennung wäre ein Wunsch von ihr.

Und genau hier hakt es. Die Kollektivvertragsverhandlungen bei den privaten Bildungseinrichtungen wurden formal unterbrochen. Der Grund sei, dass auch die fünfte Verhandlungsrunde ergebnislos blieb. Rund 9.000 Beschäftigte arbeiten in diesen Bildungseinrichtungen. Volkshochschulen gehören genauso dazu wie die österreichweiten Berufsförderungsinstitute (BFI) oder kleinere regionale Kursanbieter.

Erstmals Warnstreiks

Das erste Mal, seit es den Kollektivvertrag für die Branche gibt, wurde vergangene Woche zu Warnstreiks aufgerufen (siehe Wissen). Dabei war eine Einigung schon in Griffweite. Arbeitgeber boten eine Steigerung von 9,4 Prozent für alle an, mindestens aber 250 Euro für die unteren Einkommen. "Wir waren überrascht, dass das vom Tisch gewischt wurde. Es war ein gutes Angebot", sagt Christoph Jungwirth, Chef des BFI Oberösterreich und auch Vorsitzender der Babe (Berufsvereinigung der ArbeitgeberInnen privater Bildungseinrichtungen). Ohne rahmenrechtliche Verbesserungen sei das Angebot zu niedrig, kontern Arbeitnehmervertreter.

Eine bessere soziale Staffelung war eine zentrale Forderung: 15 Prozent mehr für die untersten Einkommen. "Die Personalstruktur in den Bildungseinrichtungen hat sich in den vergangenen zehn Jahren gedreht", sagt Nerijus Soukup, Betriebsratsvorsitzender der Bildungseinrichtung Mentor. Betrug das Verhältnis der Vollzeitbeschäftigten zu Teilzeitbeschäftigten vor zehn Jahren noch 80 Prozent zu 20 Prozent, arbeiten mittlerweile knapp 80 Prozent in Teilzeit. "Auch weil es in vielen Projekten der Fördergeber kaum mehr einen Vollzeitarbeitsplatz gibt."

Fünf Stunden Vor- und Nachbereitung

Sein Traum wäre eine 35-Stunden-Woche mit fünf Stunden Vor- und Nachbetreuung. "Nach sechs Stunden Arbeit am Tag ist man erledigt", sagt Soukup. Und auch die Erwachsenenbildnerin gibt zu, dass sie unter diesen Rahmenbedingungen einfach fertig sei, obwohl sie von ihrer Ausbildung gut ausgestattet für diese unterschiedlichen Anforderungen sei.

Zu den schwierigen Rahmenbedingungen zähle aus Sicht von Soukup auch, dass die Förderungen für Projekte meist nur eine Laufzeit von einem Jahr haben. "Einmal im Jahr geht bei meinen Kolleginnen und Kollegen die Angst um, ob das Projekt verlängert wird, oder nicht", sagt der Betriebsrat. Und auch bei der Anrechenbarkeit der Vordienstzeiten wären Änderungen wünschenswert. Derzeit werden maximal fünf Jahre angerechnet, wenn Projekte dann nicht verlängert werden, bedeute das oft auch einen Arbeitgeberwechsel, ergänzt Soukup. "Während der Pandemie hatten die Beschäftigten in den Bildungseinrichtungen wahnsinnig viel zu tun." Sehr schnell wurde auf Distance-Learning umgestellt, Kurzarbeit war kaum notwendig, ergänzt er. Nach den moderaten Erhöhungen der letzten Jahre müsse dieses Mal mehr drin sein.

Grundsätzlich habe Jungwirth Verständnis für einen hohen Abschluss. Entgegenkommen ist wohl von beiden Seiten erforderlich, damit – wie geplant – die KV-Erhöhungen Ende des Monats wirksam werden können. Am 22. Mai wird weiterverhandelt. (Gudrun Ostermann, 11.5.2023)