Kauf dich glücklich? Funktioniert für die Shoppingcenterkunden im Stück "Eisbären" nicht. Von der Yogamatte am Rücken bis zur stylischen Kleidung hilft ihnen nichts gegen innere Leere.

Foto: Matthias Heschl

In der Wiener Porzellangasse gibt es einen neuen Shoppingtempel. Dass der Mensch nicht von Energydrinks allein lebt, darauf spielt mit fast hysterisch gut gelaunten Testimonials der Supermarkt "Billo Solo" an. Aufgesetzte Fröhlichkeit prägt auch die Durchsagen (Nils Michael Weishaupt). Der Schauplatz (Bühne von Jost von Harleßem) ist für einen Abend über Einsamkeit gut begründet. Zur Mitte des vorigen Jahrhunderts waren Shoppingmalls in den USA nicht zuletzt als sozialer Ort gegen die Vereinsamung in den Vorstädten groß geworden.

Neben Läden warten im experimentierfreudigen Stück Eisbären im Schauspielhaus also auch ein Schaukelpferd, eine Fotobox und eine Kleinkunstbühne (Simon Bauer) auf Kunden. Nicht mehr zu denen zählt sich allerdings eine junge Frau (Sophia Löffler), die sich eingebunkert hat. Immer unterhalten, immer Menschen um sich, das wollte sie nicht mehr. Seit eineinhalb Jahren liegt sie nur mehr herum. Die Welt macht ihr Angst. Wo man nichts erreichen will – da ist man schon angekommen. "Don’t do it" steht auf ihrem Pullover der Marke "Nope".

Schlechte Konsumlaune

Der Spruch ist die Verkehrung des Slogans eines bekannten Sportartikelherstellers. Sein Name wurde zu "Nope" geändert, der Logohaken zeigt nach unten. Die Versprechen der Warenwelt eines besseren Lebens werden umfassend abgelehnt: "McDoof" verkauft "Ich-hasse-mich-Burger". Statt des Liebeslieds Only You stimmt ein Eisbär (Jesse Inman) "Only Me" an. Eisbären heißt der Abend wohl, weil die vom Aussterben bedrohten Tiere auf zerbrechenden Eisschollen vereinsamen.

Das Setting ist während fast zweieinhalb Stunden das verbindende Element für eine Handvoll Kurzstücke. Super, wie hier was versucht wird! Verantwortlich zeichnet die deutsche Gruppe FUX, die in ihren Arbeiten seit 2011 Theater, Performance, Musik vermischt und das Dramolett um die Aussteigerin verfasst hat. Weitere Beiträge stammen von befreundeten Künstlern.

Süßes als Trost? Klar!

In einem szenisch bebilderten "Hörspiel" denkt eine Pommes essende Lebensenttäuschte über Bindungsunfähigkeit nach und hat an Onlinedatingfrustration zu kauen. Süßes als Trost? Klar! Eine andere junge Frau (Clara Liepsch) scheitert dann daran, von einer Freundin die verbindliche Zusage zu einem Treffen einzuholen, während eine weitere (Hannah Müller) an der Supermarktkassa eine Panikattacke anrollen fühlt und sich mit Pluto identifiziert: klein, aus dem Planetenkreis ausgeschlossen. Eine Komposition mit dem passenden Titel Company piepst, wummert, knackst.

Eisbären hat als zeitgenössischer Problemaufriss keine überraschenden Erkenntnisse auf Lager, ist aber gut beobachtet. Toll: die aufwendige, liebevolle Umsetzung. (Michael Wurmitzer, 9.5.2023)