Ein Video von einem angeblichen Kampfroboter ging viral.

Foto: Bostom Dynamics, Tiktok

Ein Roboter steht auf einem Waldweg. Er ist "Atlas", der jüngsten Schöpfung von Boston Dynamics, nicht unähnlich. Doch statt über Hindernisse zu springen oder Kisten zu werfen, macht der Atlas in dem Video einen Rückwärtssalto und zeigt einige Nahkampftechniken, indem er die Fäuste schwingt und Tritte in die Luft vorführt.

"Bahnbrechend" soll die Kreation von Boston Dynamics sein und die Grenzen des bis dahin Möglichen verschieben. Durch seine überlegene Agilität, Stärke und Geschicklichkeit sei es dem Kampfroboter möglich, sich mühelos in schwierigem Gelände zu bewegen.

Eine "breite Palette an militärischen Aufgaben" soll der Roboter übernehmen können. Dank seiner blitzschnellen Reaktionszeiten könne er sich rasch an neue Begebenheiten anpassen, was ihn "zum idealen Begleiter für Soldaten auf dem Schlachtfeld" macht.

Video von "Bostom Dynamics"

Doch schon beim Anblick des Videos kommen Zweifel auf: Der Rückwärtssalto wirkt merkwürdig ruckelig und ein wenig abgehackt. Dazu kommt, dass ein Martial-Arts-Roboter auf einem modernen Schlachtfeld wohl so gut wie keinen Nutzen haben dürfte – außer als leicht zu treffende Zielscheibe.

Wer darüber hinaus die Videos des echten "Atlas" gesehen hat, dem dürfte auffallen, dass das Original den Firmenschriftzug auf der Brust trägt. Außerdem verfügt der echte Roboter über blaue Teile, die beim anderen Roboter aber nicht vorhanden sind.

Der echte "Atlas" bei der Arbeit.
Boston Dynamics

Selbst der Name des Urhebers auf Tiktok, "Bostom Dynamics", schließt eine seriöse Herkunft aus. Das alles schien den Erfolg des vermeintlichen "Kampfroboters" nicht zu trüben, und selbst Nachrichtenportale sind auf das vermutlich per Computer Generated Image (CGI) generierte Video hineingefallen.

Unternehmen erntete unverschuldeten Shitstorm

Für Boston Dynamics entwickelte sich der Fake zum PR-Desaster: Auf Twitter wurde gar die Schließung des Unternehmens gefordert, bis geklärt sei, was da wirklich entwickelt wird. Ein Retweet des Videos mit dem Inhalt "Ich mag nicht, wo das hinführt", erhielt mehr als 10.000 Likes und wurde 1.400-mal geteilt.

Hany Farid, Experte für digitale Forensik und Fehlinformation an der University of California, Berkeley, sagte der Nachrichtenagentur AP, dass er zwar nicht mit Sicherheit sagen könne, wie das Video entstanden sei, aber dass mehrere Elemente des Videos "verdächtig" seien. So bewege sich der Roboter erstaunlich schnell, aber die Bewegung wirkt im Bild nicht verschwommen. Darüber hinaus wäre die Farbe an der Ecke des Videos leicht verzerrt. Außerdem würden keine Steinchen oder Staub aufgewirbelt, wenn der Roboter springt und läuft. Elemente, die mit CGI nur schwer akkurat zu erzeugen sind, so der Experte.

Boston Dynamics gegen militärischen Nutzen von Robotern

Boston Dynamics selbst musste schließlich reagieren: Man lasse nicht zu, dass die Roboter des Unternehmens für die im Video gezeigten Zwecke eingesetzt werden. "Jeder Versuch, die Roboter von Boston Dynamics als Waffe einzusetzen, ist strengstens untersagt", teilte das Unternehmen mit. Außerdem verwies man auf den kürzlich veröffentlichten offenen Brief gegen die Waffennutzung von Robotern.

Killerroboter machte schon einmal Schlagzeilen

Es kommt nicht zum ersten Mal vor, dass ein vermeintlicher "Killerroboter" von Boston Dynamics Schlagzeilen macht. 2019 veröffentlichte das Special-Effects-Studio Corridor Crew ein Video, das einen vermeintlich von Boston Dynamics entwickelten Kampfroboter beim Schießtraining zeigt.

Corridor

Das Video hatte einen scherzhafte Note, vor allem am Ende, als sich der Roboter gegen seine Erschaffer wendet und mit seinem Freund Spot flieht. Der Hersteller wurde von den Urhebern mit "Bosstown Dynamics" angegeben. Die Ersteller selbst machten mehrfach darauf aufmerksam, dass es sich um einen Fake handelt, und veröffentlichten sogar ein Making-of-Video. Dennoch wurde das Video von vielen für echt gehalten und angeblich sogar an Schulen im Unterricht verwendet. (pez, 9.5.2023)