Für jüngere Menschen – zumindest im urbanen Lebensraum – ist er oft nur eine Nebensächlichkeit, so wenig begehrt und so nebensächlich, dass man ihn nicht schon mit 18 Jahren macht, sondern irgendwann, wann es gerade einmal gut passt. Wenn überhaupt.

Nicht so aber außerhalb der mit Öffis knapp durchgetakteten Ballungsgebiete: Dort ist der Führerschein ein Ding der Notwendigkeit. Ohne "Deckel" keine Mobilität. Und oft ist der Führerschein, zumindest indirekt, auch eine Form von Statussymbol, das Unabhängigkeit und – durch den Besitz eines passenden Gefährts – sogar gesellschaftliches Ansehen und Anerkennung zu verleihen mag.

Bald keine Selbstverständlichkeit mehr, zumindest für Ältere: der Führerschein.
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Mit dieser Selbstverständlichkeit könnte es bald vorbei sein. Denn die EU-Kommission wälzt Pläne für eine unionsweite Führerscheinreform. Ein vieldiskutierter Aspekt dabei: Soll es ab einem gewissen Lebensalter der EU-Bürgerinnen und -Bürger periodische und verpflichtende Überprüfungen der Fahrtüchtigkeit geben?

Zielvorgabe: Null Verkehrstote

Die Überlegung kommt nicht von ungefähr: Im vergangenen Jahr 2022 kamen EU-weit etwa 20.600 Menschen im Straßenverkehr ums Leben – so viele Menschen leben in Städten wie Mödling oder Kufstein. Auch wenn die Verursacher der Unfälle nur zu einem sehr kleinen Prozentsatz ältere Menschen ab 65 Jahren waren: Statistisch wird diese Zahl wegen der fortschreitenden Überalterung der Bevölkerung in den nächsten Jahren markant ansteigen: Um ihr erklärtes Ziel – die Anzahl der Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren und diese Zahl bis 2050 möglichst auf null zu bringen – zu erreichen, plant die EU-Kommission diverse Maßnahmen. Unter anderem auch eine Führerscheinreform inklusive periodischer Tauglichkeitstests.

Geht es nach den Vorstellungen der Brüsseler Behörden, so könnte die "Generation 70 plus" künftig alle fünf Jahre zum Test gebeten werden. Indirekt hieße das: Führerscheine werden dann für Seniorinnen und Senioren auf jeweils fünf Jahre beschränkt.

Befristung schon seit 2013

Die Zeiten des unbefristeten Führerscheins sind in Österreich ohnehin schon länger vorbei: Seit zehn Jahren müssen die rosa Scheckkarten-Führerscheine alle 15 Jahre neu ausgestellt werden. Alle Papier- und Scheckkarten-Führerscheine, die vor dem Jahr 2013 ausgestellt wurden, bleiben hingegen bis Jänner 2033 gültig. Dann müssen auch sie der neuen – oder bis dahin: ganz neuen – Regelung folgen.

So richtig auf der sicheren Seite ist mal als Besitzerin oder Besitzer eines "alten" Führerscheins aber ohnehin nicht: Die prinzipielle Fahrtüchtigkeit muss immer gegeben sein; schon jetzt kann der Amtsarzt eine Fahrerlaubnis einschränken oder gar gänzlich aufheben.

Andere Länder, strengere Sitten

In anderen europäischen Ländern sind Befristungen und andere Einschränkungen schon längst Usus: In der Schweiz müssen alle Eidgenossinnen und Eidgenossen über 75 im Zwei-Jahres-Rhythmus zum medizinischen Check. Auch in den Niederlanden gibt es eine solche Attestverpflichtung. In Dänemark muss jede und jeder ab 80 zum Test – und zwar jedes Jahr. In Italien gilt ein Zehn-Jahres-Rhythmus für alle unter 50-Jährigen, darüber werden die Intervalle immer kürzer, bis es für alle über 80-Jährigen heißt: alle zwei Jahre zur Überprüfung, bitte! Überprüfungen der Fahrtüchtigkeit in periodischen Intervallen kennt man auch in Spanien, Portugal und Tschechien – teils mit strengen Auflagen.

Und wie reagiert die österreichische Politik? Ein klares Nein kommt laut "Kurier" von den Seniorenratspräsidenten Peter Kostelka und Ingrid Korosec, die gegen "Altersdiskriminierung" wettern. Vage reagiert bisher das Verkehrsministerium, ohne sich in die eine oder andere Richtung festzulegen. (gian, 9.5.2023)