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Wien – So gering, wie vom SPÖ-Rathausklub im Wiener Gemeinderat im Vorfeld erwartet, muss der Erkenntnisgewinn in der zehnten Sitzung der Untersuchungskommission zur Causa Wien Energie am Mittwoch nicht zwangsläufig werden. Denn befragt werden ein Mitarbeiter der für das Beteiligungsmanagement zuständigen Magistratsabteilung (MA5), der Leiter der Rechtsabteilung der Wien-Energie-Mutter Wiener Stadtwerke und die Leiterin des Treasury ebendort.

Hauptthema dürfte die inzwischen berühmte E-Mail vom 12. Juli 2022 an Dezernatsleiter Gerhard Mörtl sein, in dem die Stadtwerke den Entwurf eines Antragstexts für die erste Notkompetenz des Bürgermeisters übermittelten, mit der Kreditlinien für Wien Energie in Höhe von 700 Millionen Euro freigegeben wurden. Das darin formulierte "Wie besprochen" erweckte den Eindruck, die von den Stadtverantwortlichen als kurzfristig dargestellte Notkompetenz wäre doch nicht so kurzfristig, sondern bereits länger vorbereitet gewesen, was der Dezernatsleiter ebenso vehement in Abrede stellte wie auch Bürgermeister Michael Ludwig und Finanzstadtrat Peter Hanke (beide SPÖ).

Erinnerungslücken

Auch auf mehrmalige Nachfrage des Vorsitzenden der U-Kommission, Richter Martin Pühringer, hatte der Dezernatsleiter versichert, ihm sei weder erinnerlich, mit wem die vorbereitete Freigabe der Kreditmillionen vorbesprochen worden war, noch wer die "vom Bürgermeister gewünschte Ergänzung" veranlasst habe und welchem Zweck die darin genannte "Freistellung" diente. Dezernatsleiter Gerhard Mörtl hatte nach eigenen Angaben nicht einmal verwundert, dass dieser Verweis in der an ihn gerichteten E-Mail enthalten war. Bürgermeister Ludwig wiederum verwies darauf, dass er sich stets gegen Haftungen der Stadt für Stadtwerke und Wien Energie ausgesprochen hatte. Dies könnte der Grund für die Ergänzung gewesen sein.

"Unglaubwürdig"

"Völlig unglaubwürdig" nennt der ÖVP-Gemeinderatsabgeordnete Markus Wölbitsch diese Aussagen. Es dränge sich der Verdacht auf, dass hier etwas vertuscht werden solle, was detaillierte Befragungen weiterer Protagonisten unerlässlich mache, um die Causa Wien Energie endlich aufzuklären. Zu diesem Zweck werde man auch den elektronischen Akt unter die Lupe nehmen, denn dieser wirke unvollständig. Der Wunsch des Bürgermeisters etwa komme in den tausenden Dokumenten kein weiteres Mal vor, argwöhnt Wölbitsch unter Verweis auf die Aussage des für die Wien Energie zuständigen Finanzstadtrats Hanke, der zu Protokoll gab: "Natürlich gibt es hier E-Mails, das ist ja keine Frage, die dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis unterworfen sind. Da ersuche ich eben um Verständnis, dass ich die eben nach Prüfung der zuständigen Magistratsabteilung jetzt nicht hergebe. Es gibt eine Vielzahl von Aktivitäten, aber die würden zu keiner Erweiterung unseres Wissenstandes hier führen."

Lückenhaft?

Der elektronische Akt enthalte – anders als sonst bei der Stadt Wien üblich – keine Differenzierung nach Eingangs- und Ausgangsstücken, Geschäftsfällen und internen Stücken oder Angaben, wann welche Beilage eingegangen und protokolliert wurde, echauffiert sich Wölbitsch. Teils fehlten Anhänge der Mails, etwa Entwürfe der Kreditverträge. "Das Mail-Gate rund um den Bürgermeister muss endlich aufgeklärt werden. Das werden wir in der Sitzung am Mittwoch einmal mehr einfordern."

Es sind nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtwerke und der Stadt Wien als Zeugen geladen, hält der SP-Fraktionsvorsitzende, Thomas Reindl, dagegen. Da seien "höchstens Antworten auf Details" zu erwarten. Ebendiese können freilich aufschlussreich sein. (Luise Ungerboeck, 10.5.2023)