Während nur zwölf Prozent der Befragten weltweit die Reduzierung der Migration zu den drei wichtigsten Themen zählten, auf die sich ihre Regierung stärker fokussieren sollte, waren es in Europa 19 Prozent.

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Kopenhagen – Die Europäer wollen die Migration stärker reduzieren als der Rest der Welt. Das geht aus dem Demokratie-Wahrnehmungsindex hervor, den die Organisation Alliance of Democracies von Ex-Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Mittwoch in Kopenhagen veröffentlichte. Österreich liegt an der Spitze. Das Land zeichnet sich außerdem durch eine hohe USA-Skepsis aus. In der Frage der Beziehungen zu Russland ist Österreich gespalten, bei der Hilfe für die Ukraine zurückhaltend.

Während nur zwölf Prozent der Befragten weltweit die Reduzierung der Migration zu den drei wichtigsten Themen zählten, auf die sich ihre Regierung stärker fokussieren sollte, waren es in Europa 19 Prozent. Die höchsten Werte aller 53 analysierten Staaten gab es demnach in Österreich (34 Prozent), Deutschland (31), den Niederlanden (30), Frankreich (28) und in Schweden (27). Erstes Nicht-EU-Land ist dann Chile mit 26 Prozent. Weniger wichtig ist es dagegen Ländern wie Russland (5), Ukraine (4), Brasilien (1) oder Nigeria (1).

Gesundheitsvorsorge und Armutsbekämpfung

Global betrachtet ist den Befragten aber deutlich wichtiger, dass sich ihre Regierungen mehr auf die Armutsverringerung, den Kampf gegen Korruption sowie die Förderung des Wirtschaftswachstums, die Verbesserung der Gesundheitsvorsorge und der Bildung fokussieren. In Europa überwiegen die Gesundheitsvorsorge und die Armutsbekämpfung. In Österreich fordern die Befragten besonders häufig einen Fokus der Bundesregierung auf die Armutsverringerung und den Kampf gegen Klimawandel. Im Vergleich zum Vorjahr ist außerdem der Wunsch nach einer Verbesserung des Gesundheitssystems in Österreich stark gestiegen. Bei der Forderung nach Regierungsmaßnahmen für Wirtschaftswachstum ist Österreich dagegen Schlusslicht.

Nachgefragt wurde von Fogh Rasmussens Organisation auch die Meinung zu Global Playern. Die meisten Menschen in der Welt haben ein positives Bild von der Europäischen Union, der Uno und den USA und eine negative Wahrnehmung von Russland. Hier sticht Österreich hervor. Die Alpenrepublik hat das am schwächsten ausgeprägte positive Bild von der EU. Schlechter kommt die EU nur bei den Bürgern von Russland und China weg, die die EU überhaupt negativ beurteilen. In diese Ländergruppe reiht sich Österreich auch bei der Einstellung zu den USA. Nach China und Russland liegt Österreich an dritter Stelle der Länder, die eine negative Meinung von den USA haben.

Zurückhaltende Unterstützung für Ukraine

Und während in den westlichen Ländern die klare Ansicht vorherrscht, man sollte die Beziehungen zu Russland kappen, sind die Österreicher in dieser Frage gespalten. Die Befürworter und Gegner einer Beibehaltung der Beziehungen zu Moskau halten sich hierzulande in Waage. Etwas kritischer sind die Österreicher bei den Beziehungen zu China. Hier zeichnet sich eine leichte Tendenz zu einem Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen ab für den Fall, dass Peking in Taiwan einmarschieren würde.

Mehr als ein Drittel der Befragten (35 Prozent) weltweit meint außerdem, dass die USA, die EU und die Nato zu wenig getan haben, um die Ukraine während der russischen Invasion zu unterstützen. Knapp die Hälfte (48 Prozent) meint, das Ausmaß sei richtig. Österreich gehört gemeinsam mit Thailand, Vietnam, Ungarn und China zu den fünf Ländern, die am wenigsten nach mehr Hilfe für die Ukraine rufen. Sie sehen die Unterstützung von USA, EU und Nato für die Ukraine mehrheitlich als ausreichend und teilweise sogar als zu hoch an.

Wahrnehmbares Demokratiedefizit

Zum Thema Demokratie antworteten in den 53 befragten Ländern durchschnittlich 84 Prozent der Befragten, dass Demokratie in ihrem Land wichtig sei. Aber nur etwa die Hälfte der Welt (57 Prozent) beurteilt ihr Land auch tatsächlich als demokratisch. Auch in Österreich gibt es demnach ein wahrgenommenes Demokratiedefizit. Dieses ist am geringsten in der Schweiz und Indien (11 Prozentpunkte). Das größte Defizit wird in Ungarn, Iran und Venezuela (51 Prozentpunkte) gesehen. Österreich liegt mit einem Wert von 30 Prozentpunkten im Mittelfeld.

Während die große Mehrheit der Menschen weltweit der Meinung ist, dass wirtschaftliche Ungleichheit eine Bedrohung für die Demokratie in ihrem Land darstellt, ist dies in Dänemark, Norwegen und Österreich weniger der Fall. Kritisch sehen die Österreich allerdings die Covid-Politik der Regierung. Während 72 Prozent weltweit sagten, dass ihr Land gut reagiert habe, liegt Österreich mit 52 Prozent unter den fünf Letztgereihten. Die höchste Zufriedenheit wurde in Vietnam geäußert.

Demokratiegipfel in Kopenhagen

Fogh Rasmussens Organisation richtet am kommenden Montag und Dienstag erneut den Kopenhagener Demokratiegipfel aus, bei dem es vor allem um Konflikte und den Zustand der Demokratie in aller Welt geht. Die Alliance of Democracies veröffentlicht jeweils im Vorfeld der internationalen Konferenz die nach ihren Angaben weltgrößte Umfrage zur Wahrnehmung der Demokratie, den Democracy Perception Index. Dafür hat das Marktforschungsinstitut Latana insgesamt knapp 54.000 Menschen in 53 Ländern befragt, in denen drei Viertel der Weltbevölkerung leben. (APA, red, 10.5.2023)