"Ich bereue es nicht": Ihr vielbeachteter Tanz mit Russlands Präsident Wladimir Putin bei der Hochzeit 2018 im südsteirischen Gamlitz sei nichts, wofür sie sich schäme, sagte die ehemalige Außenministerin Karin Kneissl im Interview mit der BBC-Sendung "Hardtalk". Nicht einmal der Knicks, den sie vor Putin gemacht hat, sei ihr in schlechter Erinnerung geblieben – sie habe nur "getan, was eine Dame tut", erklärt sie sich. Dass die EU-Staaten damals gerade dabei waren, wegen der Vergiftung des Ex-Spions Sergej Skripal neue Sanktionen gegen das russische Regime zu verhängen, habe sie nicht davon abgehalten, dessen Chef einzuladen.

Der Tanz des Anstoßes.
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Auf die Frage von Starmoderator Stephen Sackur, ob sie Putin trotz des von ihm entfesselten Angriffskriegs gegen die Ukraine wieder einladen würde, kam von Kneissl, die inzwischen im selbstgewählten Exil im Libanon lebt, ein "Ja." Auf Sackurs Nachhaken, ob sie tatsächlich mit einem Mann das Tanzbein schwingen würde, gegen den das Haager Gericht wegen Kriegsverbrechen ermittelt, lässt sich Kneissl nicht ein: "Was hat das eine mit dem anderen zu tun?"

Assange freilassen statt Putin anklagen

Überhaupt will Österreichs ehemalige Außenministerin, die von der FPÖ nominiert die Republik vertrat, das Thema Kriegsverbrechen so nicht gelten lassen. Schließlich habe auch Julian Assange, der in britischer Haft sitzende Wikileaks-Gründer, einige Informationen über Kriegsverbrecher in "hochrangigen britischen Zirkeln" gesammelt, sagt sie.

Karin Kneissl im September 2022 beim Eastern Economic Forum in Wladiwostok.
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Dass sie als Spionin für Russland arbeite, stellt Kneissl vehement in Abrede – wer dies behauptet, möge dies vor Gericht beweisen. "Ich arbeite nicht für ein russisches Spionagenetzwerk", stellt sie klar. Im Gegensatz zu "einigen westlichen Ländern" sei die Botschaft Russlands auch nie – "weder formell noch informell" – bei ihr vorstellig geworden.

Kneissl, die für den russischen Staatssender RT politische Themen kommentiert und erst drei Monate nach Beginn der Ukraine-Invasion ihr Aufsichtsratsmandat beim russischen Ölkonzern Rosneft zurücklegte, sieht sich selbst "nicht als Person, die ein Schiff verlässt, wenn es in Turbulenzen gerät". Der britische Ölkonzern BP, schießt sie zurück, sei noch immer Shareholder bei Rosneft. Moralische Gründe hätten bei ihr nicht zum Ausscheiden aus dem Rosneft-Aufsichtsrat geführt, sondern rein politische: Alle EU-Staatsangehörigen mussten auf Geheiß Moskaus hin das Gremium verlassen.

"Ich frage Sie: Ist die russische Invasion in ihren Augen illegal?", will Sackur schließlich wissen. "Die russische Invasion ist so wie jeder Kriegsausbruch ein Verstoß gegen internationales Recht", räumt Kneissl schließlich ein. Vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag will sie Putin, dem unter anderem die Entführung von Kindern aus der Ukraine vorgeworfen wird, trotzdem nicht sehen. Lieber wäre ihr, weicht sie aus, Großbritannien würde Assange freilassen. Russland habe das Gericht überdies ohnehin nicht anerkannt, erklärt sie. (flon, 10.5.2023)