Das Video hatte zu scharfer Kritik an der Polizei geführt.

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Wien – Auch drei Tage nachdem der Fernsehsender Puls 24 ein Video veröffentlicht hat, das einen Fall von Polizeigewalt in Wien zeigt, sind die betreffenden Polizisten weiter regulär im Dienst. Der Sender hat am Mittwoch das Originalvideo der Polizei zur Verfügung gestellt. In einem Statement bestätigte die Landespolizeidirektion nach der Sichtung, "dass die Verletzung des Festgenommenen im Zuge der Ausübung von Zwangsgewalt durch Körperkraft zustande gekommen ist".

Polizei will abwarten

Dienstrechtliche Konsequenzen hat der Fall für die Polizisten weiterhin nicht. Denn "es lässt sich jedoch auch nach Sichtung nicht mit der für sofortige dienstrechtliche Maßnahmen erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Verletzungen durch vorsätzliches oder gar auf eine Misshandlung abzielendes Verhalten des in Rede stehenden Beamten zurückzuführen sind. Mehrere Varianten des Geschehenen sind für die Dienstbehörde denkbar. Daher sind die Ergebnisse des sofort eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens abzuwarten, um danach allenfalls erforderliche dienstrechtliche Schritte zu setzen", so die Stellungnahme der Landespolizeidirektion. Die involvierten Beamten versehen somit weiterhin regulär ihren Dienst auf ihren Dienststellen.

Bei der Staatsanwaltschaft Wien ist das Ermittlungsverfahren anhängig. Die Polizei hat die Behörde über den Fall informiert, der Bericht enthält aber noch keine Ermittlungsergebnisse, sagte Nina Bussek, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien. Für die Ermittlungen ist das Referat Besondere Ermittlungen der Landespolizeidirektion zuständig.

Karner nimmt Wiener Polizei in Schutz

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) verwies am Mittwoch vor dem Ministerrat darauf, dass die Polizei gerade in Wien sehr schwierige und intensive Einsätze zu bewältigen habe und das mit Konsequenz und Sensibilität auch tue. Sämtliche Einsätze wie auch dieser würden einer Evaluierung unterzogen. Deren Ergebnis müsse man jetzt abwarten.

Veröffentlicht wurde das Material des Puls-24-Kameramanns am Montag. Nach einer juristischen Prüfung hat der Sender das unbearbeitete Material am Mittwoch übermittelt.

Anwalt sieht klare Kompetenzüberschreitung

Eine unverpixelte Nahaufnahme der Szene zeigt deutlich, wie die Hand eines Beamten auf dem Kopf des Wieners liegt. Dabei wird sein Kopf zweimal mit ruckartigen Bewegungen zu Boden gestoßen, nachdem er bereits fixiert worden war. Der Vorfall ereignete sich bei einem Einsatz der Polizei in Zusammenhang mit einem Tötungsdelikt am Sonntag in Simmering.

Der Anwalt des verletzten Mannes, Clemens Lahner, kündigte gegenüber dem Fernsehsender bereits an, eine Maßnahmenbeschwerde prüfen zu wollen. "Das scheint doch eine klare Überschreitung der Kompetenzen zu sein", sagte Lahner in einem Puls-24-Interview. Er wolle nun alle Informationen und Beweismittel einsehen und auch den Ermittlungsakt gegen den Polizisten genau durchschauen. Der Festgenommene ist laut Puls 24 an dem Verfahren als Opfer beteiligt.

Anzeige wegen schwerer Körperverletzung gegen 19-Jährigen

Während der Fall für die Beamten somit bisher keine rechtlichen Konsequenzen hat, wurde der bei dem Einsatz am Kopf verletzte 19-Jährige nach seiner vorläufigen Festnahme wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung angezeigt. Laut Polizeiangaben soll bei dem Vorfall auch ein Beamter verletzt worden sein, auf dem Video ist dies nicht ersichtlich, deutlich zu sehen sind jedoch die Blutflecken, nachdem der Kopf des 19-Jährigen auf den Boden geschlagen worden ist.

Das Video hatte zu scharfer Kritik an der Polizei geführt. "Aktionen wie etwa Schläge zur Bestrafung oder auch – wie es auf dem Video aussieht – wenn ein Polizist bei einem Menschen, der zudem bereits fixiert ist, dessen Kopf mehrfach auf den Boden knallt, können aus meiner Sicht niemals verhältnismäßig sein, sondern sind – ohne einer gerichtlichen Entscheidung vorgreifen zu wollen – Misshandlungen", konstatierte etwa Teresa Exenberger, Juristin und Advocacy & Research Officer bei Amnesty International Österreich. (APA, 10.5.2023)