Kleine Verletzungen beim Sex können dazu führen, dass sich der Penis zunehmend krümmt. Wird diese Kurve zu stark, sind oft Schmerzen und Erektionsprobleme die Folge.

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Vom Penis hat man eine bestimmte Vorstellung. Im erigierten Zustand soll er gerade sein, Länge und Umfang sollen optisch ein bisschen etwas hergeben. Doch bei weitem nicht alle Männer erfüllen diese angeblich idealen Kriterien. Immerhin bei jedem zehnten Mann krümmt sich der Penis im Verlauf des Lebens. Der Fachausdruck dafür lautet Induratio penis plastica, zu Deutsch erworbene Penisverkrümmung. "Die Ursache sind im Normalfall Verletzungen, die beim Geschlechtsverkehr entstehen", erklärt Franklin Kuehhas, Facharzt für Andrologie und Urologie und Spezialist für operative Peniskorrektur.

Eine einzelne Verletzung reicht an sich nicht aus für die Entstehung einer Krümmung, im Normalfall entsteht diese durch viele kleine Vorfälle. Der Schwellkörper wird etwa leicht verletzt, wenn man beim Sex abrutscht, bei der Heilung bildet sich eine Art Narbe, ein Knoten oder eine Plaque. Diese Stelle ist dann weniger elastisch als das umliegende Schwellkörpergewebe. Beim Erektionsaufbau kann sich dieser Knoten beziehungsweise die Plaque nicht mehr ausdehnen – und der Penis krümmt sich. Je größer solche Knoten sind, desto weniger elastisch ist der Schwellkörper und desto stärker ist auch die Verformung. Das kann im Extremfall mehr als 90 Grad ausmachen.

Aber auch andere Deformierungen können entstehen. So kann sich etwa eine Einkerbung wie bei einer Sanduhr bilden, oder der vordere Teil des Penis verengt sich, es entsteht eine Art Flaschenhals. "Da die Verformung mit der Zahl der Verletzungen zunimmt, sind meist Männer ab Mitte 40 von den ausgeprägteren Formen betroffen. Aber das Problem beginnt schon früher", weiß Kuehhas.

Körperliche und seelische Schmerzen

Diese Verformung kann, je ausgeprägter sie ist, Schmerzen verursachen, es kommt auch zu Problemen beim Eindringen. Und die psychosexuelle Belastung ist enorm: "Viele Betroffene sind einfach nicht mehr glücklich mit ihrem Geschlechtsteil, wenn es sich so deformiert. Sie suchen dann weniger Sexualität, in der Folge kommt es auch zu weniger Intimität. Das Thema ist aber stark tabuisiert", sagt der Experte. Betroffene leiden meist im Stillen, Hilfe holen sich die wenigsten – auch weil nicht darüber gesprochen wird und viele gar nicht wissen, dass sie nicht die Einzigen mit dem Problem sind und es dafür auch Lösungen gibt.

Doch warum kommt es überhaupt zu dieser Deformierung? Minimale Penisverletzungen beim Geschlechtsverkehr erleiden ja fast alle Männer immer wieder. Warum verbiegt sich das Glied nur bei rund zehn Prozent? Eine wesentliche Ursache dürfte in der Genetik liegen, sagt Kuehhas, viele der Betroffenen leiden an einer überschießenden Vernarbung des Bindegewebes. Bei ihnen kann sich das Bindegewebe auch an anderen Körperstellen nach einer Verletzung zusammenziehen, man bekommt etwa einen eingezogenen Finger, das nennt sich Morbus Dupuytren.

Aber nicht alle müssen gleich behandelt werden. Für diesen Schritt gibt es zwei Kriterien – die gelten übrigens auch für die deutlich seltenere, angeborene Peniskrümmung, von der etwa zwei Prozent der Männer betroffen sind: wenn die Krümmung 30 Grad überschreitet oder wenn aufgrund des Problems eine psychosexuelle Belastung besteht. Nicht alle stört das Thema im gleichen Ausmaß, und nicht alle haben deshalb Beschwerden.

Die Behandlung der Wahl ist ein Eingriff. Kuehhas betont, dass die operative Begradigung die einzige Möglichkeit ist, das Problem zu lösen: "Es gibt keine konservativen Behandlungsmethoden mit ausreichend Evidenz für eine Verbesserung." Zwar finde man bei einer Onlinerecherche Therapieangebote, der Erfolg sei aber nicht gegeben. Und da das Thema sowohl bei den Patienten als auch bei vielen Urologen immer noch ein Tabu sei, werden Betroffene oft und lange falsch behandelt.

Länge erhalten

Beim operativen Eingriff, der eben ab einer Krümmung von 30 Grad medizinisch indiziert ist, gibt es zwei Methoden. Bei der Rafftechnik nach Nesbit, benannt nach ihrem Begründer, wird an der längeren und gesunden Seite der Penisverkrümmung, also der konvexen Seite, die Haut gerafft, bis die gesunde lange Seite der kranken kurzen Seite entspricht. "Der Penis ist dann zwar gerade, aber dadurch kommt es zu einer deutlichen Verkürzung", gibt Kuehhas zu bedenken. "Die Zufriedenheitsrate der Betroffenen liegt mit dieser Methode deshalb nur bei etwa 50 Prozent. Der Patient hat ja davor schon an Penislänge verloren, das verstärkt sich dadurch weiter."

Es gibt aber auch eine Methode, die die ursprüngliche Penislänge wiederherstellt. "Sie ist aber wesentlich komplexer, es kann dadurch auch zu Sensibilitätsstörungen, Erektionsproblemen und Orgasmusstörungen kommen. Deshalb muss man viel Erfahrung für diesen Eingriff haben", betont Kuehhas. Für diese Methode wird die kurze Seite geöffnet, man nimmt einen Teil des vernarbten Gewebes heraus und näht künstliches Material, wie es auch bei Herzklappenoperationen eingesetzt wird, ein. Diese Operationstechnik wird auch als Inzision oder Graft-Technik bezeichnet, die Penislänge wird damit erhalten.

Eine Penisbegradigung wird als tagesstationärer Eingriff durchgeführt, man kann am gleichen Tag nach Hause gehen. In der folgenden Woche hat der Penis einen Dauerverband, Kuehhas empfiehlt in dieser Zeit einen Krankenstand. Sport ist zwei Wochen nach dem Eingriff wieder möglich, sechs Wochen danach kann man auch sexuell wieder aktiv werden. (Pia Kruckenhauser, 22.5.2023)