Diese Migranten wurden an der US-mexikanischen Grenze aufgegriffen.

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Die Ankunftszahlen in Europa steigen seit längerem wieder, aktuell verstärkt über die zentrale Mittelmeerroute. Und während nun auch noch Millionen Menschen vor dem Inferno im Sudan flüchten, kommt die EU kaum weiter bei der Frage, wie mit Migration auch nur ansatzweise vernünftig und gemeinsam umzugehen ist. Zeitgleich fürchten sich die USA auf der anderen Seite des Atlantiks angesichts des Endes der Abschieberegelung "Title 42" vor einer neuen, gewaltigen Migrationsbewegung an ihrer Südgrenze.

Da wie dort greift man mangels eines vernünftigen Plans zu Härte. An den EU-Außengrenzen häufen sich die Berichte über Pushbacks. Man kooperiert mit Kräften in Libyen, die Flüchtlinge und Migranten nachweislich inhuman behandeln, und plant neue Grenzzäune.

Planlosigkeit der USA

In den USA will die Regierung von Präsident Joe Biden die auslaufende und ohnehin fragwürdige Abschiebepraxis "Title 42", die eine sofortige Abschiebung an der Grenze ermöglichte, durch andere Asylbeschränkungen ersetzen, die bei Menschenrechtsorganisationen ebenfalls schon die Alarmglocken schrillen ließen. Dass das Pentagon für den Tag X am Freitag angesichts der stetig wachsenden Menschenmassen im Grenzgebiet 1.500 Soldatinnen und Soldaten entsandt hat, mag sicherheitspolitisch verständlich sein, belegt aber auch die Planlosigkeit im Weißen Haus.

Hinzu kommen die politischen Schmierenkomödien auf beiden Kontinenten. In Europa wird das Thema Migration seit der großen Fluchtbewegung 2015 von vielen Parteien als große Wahlkampffläche missbraucht und jeder Ansatz einer vernünftigen Politik blockiert. Gleiches ereignet sich in den USA durch die Republikaner, wo sich aktuell der texanische Gouverneur Greg Abbott mit absurd-populistischer Politik hervortut. So kündigte er dieser Tage an, wieder Busse voller Migranten in demokratisch regierte Großstädte wie New York oder Chicago zu verfrachten.

Migration wird zunehmen

All diese Maßnahmen verdecken, dass die Menschheit es hier mit einem Phänomen zu tun hat, das sich nicht lösen lässt. Die globale Migration von Süd nach Nord wird nicht verschwinden, sondern weiter zunehmen, dafür wird neben Kriegen und politischen Krisen vor allem der Klimawandel sorgen.

Doch Vorschläge, um Flucht und Migration halbwegs in den Griff zu bekommen, werden ignoriert. Schnellere Asylverfahren, Kooperationen mit Herkunftsstaaten, die zu Rückführungsabkommen führen könnten, legale Einwanderungswege, faire Verteilungsschlüssel: All dies lässt sich derzeit nicht durchsetzen, das lassen nationale und Parteiinteressen nicht zu.

Irgendwann, hoffentlich bald, werden die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger zu der Erkenntnis gelangen, dass sich Migration nicht einfach wegsperren lässt. Dass man sich ihr stellen und das Beste daraus machen muss, Stichwort Arbeitskräftemangel.

UN-Migrationspakt gescheitert

Es gab schon einmal einen zaghaften globalen Versuch, sich dieser gewaltigen Herausforderung gemeinsam zu stellen. Man wird sich gerade in Österreich gut daran erinnern können, gemeint ist der UN-Migrationspakt. Weit entfernt von Perfektion, war er geplant als Anleitung zu einem gemeinsamen Agieren, als kleiner erster, freiwilliger Schritt, dem viele weitere folgen sollten. Er ist grandios gescheitert, an der Ignoranz und Dummheit der Menschheit. Möge sie beim nächsten Versuch klüger sein. (Kim Son Hoang, 11.5.2023)