Das Effizienzgesetz soll, wenn es beschlossen wird, den Endenergieverbrauch von derzeit 310 Terawattstunden bis 2030 auf 255 Terawattstunden senken.

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Die erste Strafzahlung, die Österreich für seine Versäumnisse in puncto Energieeffizienzgesetz bald blühen könnte, ist bereits beziffert: mit sieben Millionen Euro. Davor warnte der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt im April. Denn schon 2018 hat die EU eine Effizienzrichtlinie verabschiedet, die bis 2020 von den Staaten umgesetzt hätte werden müssen. In Österreich ist das bis heute nicht passiert. Die EU-Kommission hat deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Zwar wurde inzwischen die österreichische Gesetzesvorlage der Regierung im Februar im Ministerrat beschlossen – sie sieht unter anderem vor, dass der Endenergieverbrauch von derzeit 310 Terawattstunden bis 2030 auf 255 Terawattstunden sinken soll –, jedoch fehlt noch die Einigung im Nationalrat. Hier steht das Papier vor einer Hürde: Es kann nur mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden und damit mit der Zustimmung einer der Oppositionsparteien SPÖ oder FPÖ.

SPÖ fordert mehr Engagement von Energielieferanten

Mit einer Zustimmung der FPÖ ist nicht zu rechnen, bleibt die SPÖ. Doch diese erteilt dem Entwurf in seiner jetzigen Form eine Absage, erklärte SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll im Anschluss an eine Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie. Dort wurde die Energieeffizienzreform am Mittwoch beschlossen – allerdings nur mit einfacher Mehrheit. Deshalb muss jetzt weiterverhandelt werden.

Die SPÖ pocht auf eine sogenannte Lieferantenverpflichtung – das ist eine Auflage für Energielieferanten, ihre Kunden bei Energieeffizienzmaßnahmen zu unterstützen. Wie genau diese Unterstützung aussieht, ist Gestaltungssache. Die SPÖ fordert direkte Zahlungen an Haushalte oder die Einzahlung in einen Fonds, aus dem dann Maßnahmen für mehr Energieeffizienz bezahlt werden.

Das alte Effizienzgesetz von 2014 beinhaltete eine ebenfalls eine Lieferantenverpflichtung, allerdings in schwächerer Form. Sie wurde häufig als wirkungslos kritisiert. Alle möglichen Alibimaßnahmen konnten angerechnet werden – häufig zeigten sie keine Effekte.

ÖVP lehnt Lieferantenverpflichtung ab

"Das Problem war, dass die Lieferantenverpflichtung nicht richtig umgesetzt wurde. Das kann doch kein Argument sein, sie jetzt ganz zu streichen", sagt Schroll. Aus seiner Sicht würde der jetzige Entwurf vor allem darauf hinauslaufen, dass Konsumentinnen und Konsumenten zahlen müssen – statt Energielieferanten in die Verantwortung zu nehmen.

Die Grünen seien offen für Lösungsvorschläge in diese Richtung, erklärt der grüne Energiesprecher Lukas Hammer. "Wie sinnvoll das wäre, steht und fällt mit der Art der Maßnahmen, die angerechnet werden dürfen", sagt er und verweist auf weitere Ideen, die in den kommenden zwei Wochen diskutiert werden sollen. ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf lehnt eine Verpflichtung für Energieunternehmen, wie sie die SPÖ fordert, allerdings ab.

"Deshalb werden wir in den beiden kommenden Wochen bis zur Plenarsitzung intensiv nach Kompromissen suchen", sagt Hammer. Einen Anfang soll der Vorschlag zu einer Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut machen, den unter anderem die Arbeiterkammer gefordert hatte. Außerdem sollen Energielieferanten vermehrt kostenlose Beratungen anbieten. "Das ist ein guter erster Schritt, aber definitiv noch zu wenig", so Schroll. "Auch wenn wir sieben Millionen Euro zahlen müssen: Ich stimme dem Gesetz in dieser Form nicht zu."

Entscheidend für Klimaziele

Wie wichtig Energieeffizienz für die Energiewende ist, betont Christoph Dolna-Gruber von der Österreichischen Energieagentur. Der Verbrauch muss sinken, damit die Klimaziele erreicht werden können. Zwar sei der Entwurf, wie er im Dezember dazu vorgelegt wurde, als ein Kompromiss einzuordnen, dennoch nennt Dolna-Gruber das Gesetz einen "entscheidenden Schlüssel".

Große Sprünge lägen dabei vor allem im Technologiewechsel. Wenn etwa Gasheizungen gegen Wärmepumpen oder Verbrenner- gegen Elektroautos ausgetauscht werden, steigt zwar der Stromverbrauch, doch der Gesamtenergieverbrauch sinkt. "Das Effizienzgesetz soll den Rahmen schaffen, wie viel man einsparen will", erklärt Dolna-Gruber. "Weitere Gesetze, wie die Förderung von Elektroautos, Energiesteuern oder die CO2-Steuer, müssen dann gegenüber Brüssel als sogenannte strategische Maßnahme zur Einsparung berichtet werden." Eine weitere solche Maßnahme, das Erneuerbare-Wärme-Gesetz – das den Umstieg von fossilen auf nachhaltige Heizsysteme anschieben soll – wartet derzeit ebenfalls noch auf eine Einigung im Parlament. (Alicia Prager, 11.5.2023)