Landes-FPÖ-Chef Mario Kunasek.

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Eine anonyme Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bringt neue Bewegung in den Finanzskandal der steirischen FPÖ. Wie DER STANDARD berichtete, gingen die Anschuldigungen gegen Landesparteichef Mario Kunasek und andere am 1. März bei der WKStA ein und wurden an die verfahrenszuständige Staatsanwaltschaft (StA) Klagenfurt weitergeleitet. Die StA Klagenfurt ermittelt in der steirischen Affäre, die die Stadtpartei quasi auslöschte und seit der Aufhebung der Immunität Kunaseks im Landtag auf die Landes-FPÖ übergreift, weil sich die StA Graz befangen erklärt hatte. Hausdurchsuchungen, die die StA Klagenfurt im Oktober bei sechs Beschuldigten, Personen, Burschenschaften und Vereinen durchführte, förderten mehrere Terabyte an Daten zutage, die die Ermittler immer noch sichten.

"Siebenter Beschuldigter"

Kunasek, der siebente Beschuldigte in der Causa, wird bisher verdächtigt, Beweise unterschlagen und falsch ausgesagt zu haben. Nun prüft die StA auch die umfassende Anzeige eines Whistleblowers, der angibt, jahrelang Malversationen parteiintern beobachtet zu haben. Darin wird Kunasek vorgeworfen, Umbauten an seinem Privathaus über den Umbau der Parteizentrale mitabgerechnet zu haben, von 700.000 Euro ist die Rede.

Der Architekt, der bei beiden Baustellen tätig war, ist kein unbekannter, sondern Gerald Deutschmann, der Dritte Landtagspräsident der Steiermark.

Gerald Deutschmann, Dritter Landtagspräsident, FPÖ-Finanzreferent und Architekt.
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Deutschmann wurde zudem beim FPÖ-Landesparteitag am 14. Mai 2022 zum Finanzreferenten der Partei gewählt. Damals war der Finanzskandal, in dem es mittlerweile um 1,8 Millionen Euro an veruntreuten Klubgeldern geht, schon bekannt. Deutschmann reagierte auf STANDARD-Anfrage am Mittwoch bis Redaktionsschluss nicht. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Am Donnerstag erhielt der STANDARD einen Brief der Anwaltskanzlei, die Deutschmann vertritt. Darin schreibt Deutschmanns Anwalt Günther Millner: "Hiezu darf ich namens meiner Mandantschaft festhalten, dass das Haus Kunasek von meiner Mandantschaft geplant und begleitet wurde. Gebaut und abgerechnet wurde es über ein Generaluntemehmen im Jahre 2019. Das Parteihaus in der Conrad-von-Hötzendorf Straße wurde ebenfalls von meinem Mandanten geplant und begleitet, im Jahre 2020 fertiggestellt und im Jänner 2021 schlussgerechnet. Zwischen den beiden Projekten gibt es keinerlei wirtschaftlichen Zusammenhang. Die diesbezüglichen Behauptungen und Zahlen sind frei erfunden und dienen ausschließlich dazu, Mario Kunasek und meinem Mandanten übel nachzureden."

Eine Ankündigung, die Rechnungen offenzulegen, gibt es seitens des Anwaltes nicht.

Druck der Whistleblower

Im November 2021 hatte sich der ehemalige Grazer FPÖ-Klubdirektor Matthias Eder selbst angezeigt. Im Vorfeld hatten Whistleblower Druck gemacht. Später wurden bekanntlich jene Mandatare und die Stadträtin Claudia Schönbacher von Kunasek und Bundesparteichef Herbert Kickl aus der FPÖ ausgeschlossen. Sie hatten eine gründlichere Aufklärung dubioser Geldflüsse auf private Konten und in ominöse Vereine gefordert. Der von ihnen 2022 gegründete Korruptionsfreie Gemeinderatsklub Graz (KFG) versteht sich als Nachfolger des nicht mehr existenten FPÖ-Gemeinderatsklubs – und daher als Privatbeteiligter im Verfahren. Kunasek legte zuletzt ein strafrechtliches Gutachten bei der StA vor, das belegen soll, dass der KFG aus dem Verfahren auszuschließen sei, womit dieser keine Akteneinsicht mehr hätte.

"Gerüchte bekannt"

KFG-Klubchef Alexis Pascuttini sagte zu den neuen anonymen Vorwürfen, wonach Kunasek bauliche Maßnahmen an seinem Privathaus über die Partei abgerechnet habe: "Ich kenne die Anzeige nicht, gehe aber davon aus, dass mich die Kriminalpolizei auch dazu demnächst einvernehmen wird. Mir sind diese Gerüchte schon seit längerem bekannt." Pascuttini kritisiert im STANDARD-Gespräch auch das "maue Tempo", das die Justiz in der Causa vorlege: "Man beschäftigt sich seit mehr als eineinhalb Jahren scheinbar mehr mit Nebenschauplätzen anstatt mit dem eigentlichen FPÖ-Graz-Finanzskandal, wo es mutmaßlich um rund 1,8 Millionen Euro Steuergeld geht!"

Dem Versuch von Kunasek, den KFG als Privatbeteiligten auszuschließen, hält Pascuttini entgegen, dass sie "unbestrittenerweise die Rechtsnachfolger des FPÖ-Klubs sind und auch gegen die von Kunasek verhängten Parteiausschlüsse vor dem Zivilgericht klagen werden".

Johann Pauer, Kunaseks Anwalt, sieht das anders: "Geschädigter im Verfahren ist die FPÖ und nicht der KFG. Der KFG versucht den Schadenersatz, der der FPÖ zusteht, für sich zu reklamieren." Der Entscheidung der StA, ob die Privatbeteiligung zulässig sei, "wird mein Mandant nicht medial vorgreifen".

Kontrollausschuss

"Ich gehe davon aus, dass die entsprechenden Abrechnungen und Leistungsabgrenzungen umgehend und vollinhaltlich von Kunasek und der FPÖ offengelegt werden, um die gravierenden Vorwürfe – offenbar aus den eigenen Reihen der FPÖ – glaubwürdig entkräften zu können", sagt Kunaseks Stellvertreter im Kontrollausschuss des steirischen Landtags, Lambert Schönleitner (Grüne), auf Nachfrage.

Doch auf die Frage, ob man die Abrechnungen offenlegen werde, meint Anwalt Pauer, sein Mandatar Kunasek werde "falsche, anonyme Anzeigen" nicht kommentieren.

Anwalt Millner, der Deutschmann vertritt, ist auch jener Anwalt, der die Parteiausschlussverfahren von Pascuttini und den anderen KFG-Mandataren als vorsitzender Parteirichter des FPÖ-Parteischiedsgerichtes abwickelt.

(Colette M. Schmidt, 10.5.2023)