Immerhin vier Prozent aller Säuglinge haben eine Lebensmittelallergie, die gegen Erdnüsse ist besonders häufig. Ein Pflaster soll eine Desensibilisierungstherapie ab einem Jahr ermöglichen.

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Howard Wolowitz aus der Serie The Big Bang Theory beißt in einen Schokoriegel mit Erdnüssen – und geht auf wie ein Germkuchen. Dabei weiß er, dass er allergisch ist dagegen, bereits seit er ein kleines Kind war, er tut es aus Freundschaft. Er will Leonard davon abhalten, zu früh nach Hause zu kommen und dass deshalb die Überraschungsgeburtstagsparty, die die anderen für ihn planen, missglückt.

Ähnlich wie Howard geht es so manchen. Rund vier Prozent aller Säuglinge in Deutschland – in Österreich dürften die Zahlen ähnlich sein – haben eine Nahrungsmittelallergie. Wird sie nicht behandelt, bleibt sie dauerhaft bestehen. Die Erdnussallergie ist wohl die bekannteste von allen, nicht nur in der Big Bang Theory wird sie dargestellt. Tatsächlich ist sie in Filmen und Serien viel präsenter als in der Realität. Doch für Betroffene ist sie eine große Belastung. Schon der Geruch von Erdnüssen, etwa wenn eine Schüssel auf dem Tisch steht, kann dazu führen, dass die Schleimhäute leicht anschwellen.

Bei Menschen mit so einer Allergie kann der Verzehr teils lebensbedrohliche allergische Reaktionen auslösen, man nennt das Anaphylaxie. Der häufigste Auslöser für so eine Lebensmittelallergie sind tatsächlich Erdnüsse. Von allen getesteten Kindern weist jedes zehnte einen positiven Bluttest gegen Erdnüsse auf. Dagegen steht derzeit nur eine orale Immuntherapie zur Verfügung, sie ist für Kinder zwischen vier und 17 Jahren zugelassen.

Neue Behandlungsmöglichkeit

Nun besteht aber Hoffnung für eine neue Therapie, sie stünde bereits für Kleinkinder ab einem Jahr zur Verfügung. Im New England Journal of Medicine hat ein internationales Team aus Forschenden die Ergebnisse einer klinischen Phase-3-Studie zur Behandlung von Kindern im Alter von ein bis drei Jahren mit einem Erdnusspflaster publiziert. Bei dieser epikutanen Immuntherapie, einer Desensibilisierung ähnlich wie bei Heuschnupfen, mit der man das Immunsystem schrittweise an das Allergen gewöhnen will, werden geringe Dosen des Allergens über die Haut aufgenommen. Der Studie zufolge war sie gegenüber einem Placebo überlegen.

Der primäre "Wirksamkeitsendpunkt" wurde bei 67 Prozent der Kinder in der Interventionsgruppe im Vergleich zu 33,5 Prozent in der Placebogruppe beobachtet. Die Kinder sprachen laut Studiendefinition auf die Therapie an, wenn die eine Immunreaktion auslösende Allergendosis zu Beginn der Studie deutlich niedriger war als nach zwölf Monaten Behandlung. Die tägliche Therapiedosis der Pflaster lag bei 250 Mikrogramm Erdnussprotein, was ungefähr einem Tausendstel einer Erdnuss entspricht.

Bei den insgesamt 362 Teilnehmen, geteilt in Interventions- und Placebogruppe, trat nur bei einem Kind aus der Interventionsgruppe ein schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis auf. Eine Anaphylaxie aufgrund der Therapie hatten vier Kinder aus der Interventionsgruppe. Hautreaktionen gab es in beiden Gruppen zahlreiche, in der Placebogruppe waren sie aber deutlich seltener. Es ist dabei zu erwarten, dass der echte Wirkstoff mehr Reaktionen hervorruft. Nicht klar geht aus der Studie hervor, wie lange die Immunisierung anhält. Als Endzeitpunkt in der Studie war ein Jahr festgelegt.

Immer mehr Allergien

Randolf Brehler vom Allergologischen Studienzentrum an der Uniklinik Münster geht davon aus, dass die epikutane Immuntherapie mit Erdnussallergen zugelassen werden wird, da die Ergebnisse durchaus überzeugen. Allerdings gibt er einschränkend zu bedenken: "Wir sehen zwar, dass die Behandlung auch schon bei Kleinkindern klinische Erfolge bringt. Die insgesamt vertragenen Mengen des Allergens sind aber weiterhin klein, die Kinder müssen ihrer Diät ohne Erdnüsse weiter folgen."

Für Kirsten Beyer vom Kinderallergologischen Studienzentrum an der Charité Berlin bleiben zwar vorerst noch einige Fragen offen – etwa wie lange man das Pflaster aufkleben muss –, doch sie betont, dass das medizinische Interesse für weitere Therapien gegen Lebensmittelallergien absolut vorhanden ist: "Bei Allergien gegen Erdnüsse und andere Schalenfrüchte wie Haselnuss oder Cashew sehen wir eine steigende Tendenz. Solche Allergien wachsen sich auch selten aus." Man gehe zurzeit davon aus, dass die Therapie umso besser wirkt, je früher sie beginnt. Heilung ist dabei jedoch nicht das Ziel, die gibt es mit den aktuellen Möglichkeiten nicht. Es gehe um Desensibilisierung. Dadurch könnten Betroffene zumindest ohne Probleme Nahrungsmittel essen, die durch Erdnüsse kontaminiert wurden. (Pia Kruckenhauser, 11.5.2023)