Karl Mahrer unterwegs mit dem "Report" in Favoriten.

Foto: screenshot, ORF-Tvthek.at

Wien – Der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer wirft dem ORF "verzerrte" Berichterstattung vor und schlägt vor, den ORF zu privatisieren. Mahrer kritisiert aktuell einen Bericht im "Report" über die Situation der ÖVP. Ein Kamerateam habe ihn eine Stunde in Favoriten begleitet, ausgestrahlt worden seien davon "nur drei Minuten, und politisch kontextualisiert", so Mahrer.

"Das ist wirklich ein starkes Stück. Ein Skandal des Rundfunks. Das ist keine 'öffentlich-rechtliche' Berichterstattung, sondern aktiv betriebene Politik", wird Mahrer dazu in der "Kronen Zeitung" zitiert. "Langfristig zieht sich die politische Berichterstattung des ORF, einseitig, verzerrt und meinungslastig, wie ein roter Faden durchs Programm", so Mahrer in der "Krone". Ein Medium mit öffentlich-rechtlichem Auftrag soll "beobachten, kontrollieren, bewerten, aber nicht selbst Politik machen". Ein Journalist könne "seine persönliche Meinung in die Beitragsgestaltung einfließen lassen. Aber kann er das im öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Ich meine Nein", legt Mahrer in einer Aussendung nach.

Auf oe24.at wird Mahrer zitiert: "Hier stoßen wir die Diskussion an, ob ein privater österreichischer Rundfunk ohne eine Finanzierung durch Steuergeld beziehungsweise Haushaltsabgaben nicht ein ehrlicherer Zugang wäre."

Kritik für ORF "nicht nachvollziehbar"

"Die Kritik an der Form des Beitrags ist nicht nachvollziehbar. Mit Karl Mahrer war ausgemacht, dass das Team des 'Report' ihn etwa eine Stunde begleiten wird und er dabei, wenn möglich, auch mit Menschen in Kontakt tritt. Mit Mahrers Pressesprecher war das Thema 'Wie hält es die ÖVP mit der FPÖ?' kommuniziert'" sagt "Report"-Sendungsverantwortlicher Wolfgang Wagner auf STANDARD-Anfrage, "es war klar, dass es nicht einzig um einen Stimmungsbericht vom Viktor-Adler-Markt gehen würde. Entsprechend wurden vor allem jene Szenen ausgewählt, in denen Mahrer mit den Bürgern in einen Dialog tritt." Es sei klar kommuniziert worden, dass "die mit Mahrer gedrehten Szenen in einen Beitrag zum Thema ÖVP geschnitten werden. Mit rund drei Minuten Sendezeit wurde Mahrer in einem solchen Beitrag letztlich viel Raum gegeben", so Wagner.

Update: Nachdem der Wiener ÖVP-Chef Mahrer am Donnerstag eine Privatisierung des ORF ins Spiel brachte, brachte Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter eine parlamentarische Anfrage an Medienministerin Susanne Raab ein, sie liegt dem STANDARD vor.

Brandstötter will darin unter anderem wissen, ob bei der Verhandlung des Begutachtungsentwurfes zum neuen ORF-Gesetz auch eine Privatisierung diskutiert wurde, ob die Äußerungen von Herrn Mahrer abgestimmt waren und ob Mahrer im Verhandlungsteam war, das die Novelle des ORF-Gesetzes seitens der ÖVP verhandelt hat. Brandstötter fragt auch, ob es Ideen und Konzepte gibt, die Medienkompetenz auch in der Erwachsenenbildung zu heben und ob es Ideen gibt, weitere ORF-Sender zu gründen oder ORF-Sender einzustellen. (red, 11.5.2023, Update: 12.5.2023)