Das Genom der Europäischen Hornisse Vespa crabro wurde analysiert.
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Groß, größer, Hornisse: Die Europäische Hornisse ist die größte Faltenwespe, die in Zentraleuropa lebt. Doch auch die invasive Asiatische Hornisse hat sich bereits in Teilen Europas etabliert, wenngleich sie in Österreich noch nicht nachgewiesen wurde. Aktuelle Analysen, an denen auch ein Forschungsteam der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien beteiligt war, liefern nun Hinweise darauf, welche Gene sich in verschiedenen Hornissenarten besonders schnell entwickelten. Wie in der Studie im Fachjournal "Scientific Reports" umrissen wird, könnten diese Gene den Spezies dabei helfen, sich schnell an veränderte Umstände anzupassen und so neuen Lebensraum zu erschließen.

Hornissen spielen als Räuber in ihren angestammten Lebensräumen eine wichtige ökologische Rolle und fungieren als natürliche Schädlingsbekämpfer, indem sie zur Regulierung von Insekten wie Fliegen, Käfern, Raupen und anderen Wespenarten beitragen. Gleichzeitig sind die großen Hautflügler aber auch als invasive Arten erfolgreich. Erobern sie ein neues Gebiet, können sie ökologische und wirtschaftliche Schäden verursachen, etwa indem sie Jagd auf wichtige Bestäuber wie Honig- und Wildbienen oder Schwebfliegen machen.

Mit Ausbreitung nach Österreich zu rechnen

So hat sich die aus Zentral- und Ostasien stammenden Asiatische Hornisse (Vespa velutina) in den vergangenen 20 Jahren in weiten Teilen Europas etabliert. Sie bedroht dort die Ökosysteme, etwa indem sie sehr effizient Bienen jagt. Auch die mit deutschem Namen sehr ähnlich klingende Asiatische Riesenhornisse (Vespa mandarinia) wurde in andere Weltregionen gebracht. In den vergangenen Jahren gab es immer mehr Sichtungen dieser aus Ost- und Südostasien stammenden Art in Nordamerika, wo sie als "Honigbienenkillerin" Schlagzeilen macht.

In Europa ist Vespa mandarinia noch nicht aufgetaucht – im Gegensatz zur mittlerweile weitverbreiteten Vespa velutina. Seit ihrem ersten Nachweis 2004 in Frankreich hat diese Art weite Teile des Landes besiedelt und wurde zudem in Belgien, den Niederlanden, in Deutschland, auf der Iberischen Halbinsel und in Italien gefunden. Da die Asiatische Hornisse Vespa velutina in österreichischen Nachbarländern schon vorkomme, müsse mit einer Ausbreitung nach Österreich gerechnet werden, heißt es seitens der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages).

Schnelle Evolution

Heinz Himmelbauer vom Institut für computergestützte Biologie der Boku und sein Team haben nun das Genom der Europäischen Hornisse (Vespa carbro) sequenziert, Kollegen vom Sanger Center im britischen Cambridge jenes von Vespa velutina. Mit diesen Daten analysierte wiederum eine Gruppe um Erstautorin Emeline Favreau vom University College London die genetischen Unterschiede der drei Hornissenarten.

Sie identifizierte dabei Gene, die sich schnell entwickelt haben, seit sich die Tiere jeweils zu einer eigenen Art differenziert haben. Viele dieser Gene wurden dupliziert oder mutierten, darunter auch solche, die an der Kommunikation und an der Wahrnehmung der Umwelt beteiligt sein dürften. "Möglicherweise erleichtert die schnelle Evolution dieser Gene es den Hornissen, sich rasch an eine neue Umgebung anzupassen", sagte Himmelbauer.

Unterschiede zwischen Kasten

Den Fachleuten zufolge deuten die Genome der drei Arten darauf hin, dass Hornissen viele Gene besitzen, die an der Erkennung von und der Reaktion auf chemische Signale beteiligt sind. Das könnte sie in die Lage versetzen, sich an die Jagd auf verschiedene Beutetierarten in fremden Regionen anzupassen.

"Wir konnten zudem jene Gene identifizieren, die bei Hornissen in den Arbeiterinnen und zukünftigen Königinnen unterschiedlich stark aktiv sind", sagte Himmelbauer. Davon erwarten sich die Wissenschafter ein besseres Verständnis der Kastenbildung bei Hornissen.

Weil die Genomsequenzen bestimmt wurden, ist es einfacher nachzuvollziehen, ob eine invasive Art ein- oder mehrmals eingeschleppt wurde. Auch über den regionalen Ursprung der Insekten können die Genomdaten Aufschluss geben. (APA, red, 14.5.2023)