Das Wetter war in Süditalien in den vergangenen Tagen ziemlich schrecklich, und es sieht nicht so aus, als ob es demnächst besser werden würde. Statt wie sonst im Mai Fruchtplatten am Strand zu schlemmen oder in der Sonne Fisch zu grillen, haben wir an verregneten Abenden Pasta gemacht.

Die frische Pasta des Südens ist oft bescheidener und gröber als jene des Nordens und wird tendenziell ohne Ei gemacht, nur aus Wasser und Mehl. Statt samtig-seidig ist sie oft eher herzhaft und grob, mit einem kräftigen Biss und einer Oberfläche, die perfekt ist für üppige Saucen. (1)

Rosarias Cavat(i)elli mit Wildschweinragout.
Foto: Tobias Müller

Die vielleicht häufigste, weil einfachste Variante sind Cavatelli (in der gesprochenen Sprache hier "Cavatielli" mit zusätzlichem i, was das Wort meiner Meinung nach viel schöner macht). Sie werden ähnlich wie Gnocchi geformt, die kleinen Teigstücke werden dann allerdings noch mit zwei Fingern gerollt und gedrückt, sodass eine Art längliche Muschel entsteht.

Sie sind perfekt für verregnete, viel zu kühle Tage: Sie werden besonders gern mit "ragù" serviert, weil sich kleine Fleischstücke in ihren Fugen besonders gut verfangen, aber auch mit einer kräftigen Tomatensauce sind sie ganz köstlich. Wer Mehl zu Hause hat, muss für sie nicht das Haus verlassen, und mit etwas Übung sind sie in wenigen Minuten (plus Teigrastzeit) fertig.

Perfektionisten rollen die Cavatelli noch über ein gerilltes Pastabrett.
Foto: Tobias Müller

Das Mehl für den Teig wird mit kochendem oder zumindest sehr heißem Wasser gemischt – das macht den Teig leichter und schneller zu verarbeiten, lässt das Mehl mehr Flüssigkeit aufnehmen und sorgt für ein weicheres Endergebnis – was wichtig ist bei der groben, dicken Form. Wenn Sie so wie ich gewohnt sind, frische Eierpasta zu machen, werden Sie staunen, wie leicht sich der Teig kneten lässt und wie angenehm er sich anfühlt.

Anders als andere Pastateige kann er ziemlich schnell verarbeitet werden. Rosaria meint, 15 Minuten rasten bei Raumtemperatur reicht, ich finde, ein paar Minuten mehr schaden trotzdem nicht. Ideal sind laut Rosaria (steingemahlene) Hartweizenmehle, andere Mehle tun es aber auch – Rosaria macht sie auch mit 00- oder 0-Mehlen. Fein gemahlen und aus glutenreichem Getreide – das ist hilfreich. Wer es ernst meint mit seiner Pasta, kann einmal hier vorbeischauen.

So wie bei allem Essbaren in Italien gibt es auch bei Cavatelli unzählige Variationen (und Namen). Ich habe die Zubereitung von Cavatelli von unserer Freundin Rosaria gelernt, einer wunderbaren Köchin. Sie war nicht nur so nett, sich beim Pastamachen filmen zu lassen, sondern uns auch noch das Ergebnis mit hausgemachtem Wildschweinragout zu servieren. Zumindest die Videos kann ich mit Ihnen teilen. (Wem das zu amateurhaft ist: Hier gibt’s noch ein professionelleres.)

Rosaria beim Cavatellimachen.

Sie macht ihre Pasta so wie alle erfahrenden TeigmacherInnen der Welt nicht nach Rezept, sondern "a occhio", nach Augenmaß. Das liegt auch daran, dass jedes Mehl etwas anders ist und selbst das Wetter einen Unterschied machen kann, wie viel Wasser ein Teig braucht. Die Mengenangaben in Gramm und Milliliter kommen von mir und sind nur als Richtwert zu betrachten. Ein Anteil von etwa 60 Prozent Wasser am Mehl scheint mir in der Literatur üblich, also auf 100g etwa 60ml.

Foto: Tobias Müller

Rosarias Cavatielli

  • 500 g Hartzweizenmehl, am besten auf der Steinmühle gemahlen
  • 250–300 ml Wasser

Das Mehl auf die Arbeitsfläche oder in eine Schüssel kippen und in die Mitte eine Mulde machen. Das Wasser zum Kochen bringen und nach und nach in die Mulde gießen und einarbeiten, bis ein Teig entsteht, der nicht mehr klebt und sich gut verarbeiten lässt. Die benötigte Wassermenge wird variieren, daher lieber erst etwas weniger zugeben.

Kneten, bis ein geschmeidiger Teig entsteht, etwa zehn Minuten. Mindestens 15 Minuten bei Raumtemperatur abgedeckt rasten lassen.

Ein handliches Stück abtrennen, zu einer langen Schlange ausrollen und dann in etwa daumennagelbreite Stücke teilen, ganz so wie für Gnocchi. Mit Mittel- und Zeigefinger fest auf das Teigstück drücken und zu sich ziehen, sodass es sich ein wenig einrollt. Nicht mit den Fingerspitzen drücken, sondern knapp über dem ersten Fingergelenk ansetzen – das gibt den Cavatielli eine bessere Form. Wichtig: auf einer bemehlten Fläche arbeiten, das lässt sie besser rollen. Übung macht den Meister!

Umgehend in kochendem Salzwasser garen, bis sie an die Oberfläche steigen. In einer kräftigen Sauce schwenken und zum Beispiel mit Wildschweinragout servieren.

Wer welche übrig hat oder mehr macht, kann sie auch wunderbar einfrieren – am besten in einer Lage auf einem Backblech, damit sie nicht aneinanderkleben.

Wer jetzt fragt: so beschreibt Rosaria ihr Wildschweinragout:

"La sera prima metto il cinghiale a marinare in acqua e aceto rosso con tutti gli aromi: carota, cipolla, sedani, rosmarino, salvia...etc..poi lo scolo e faccio un soffritto di sedano, carote e cipolle (nuove, non quelle della marinata) e metto a risolare la carne, sfumo con un po' di vino, aggiungo salsa di pomodoro e 2 foglie di alloro e lascio cuocere lentamente per almeno 2 ore..."

Meine etwas erweiterte Übersetzung: Am Abend vor dem Kochen das Wildschwein – am besten die Schulter, in Stücke geschnitten – in Wasser und Rotweinessig (1:1) mit Aromaen einlegen – Karotten, Zwiebel, Sellerie, Rosmarin, Salbei – worauf Sie Lust haben. Ein Soffritto aus frischem Wurzelgemüse machen (fein hacken und in Olivenöl weich braten), das Fleisch zugeben und anbraten und mit etwas Wein ablöschen. Mit Tomatensauce aufgießen, zwei Lorbeerblätter zugeben und mindestens zwei Stunden zugedeckt schmurgeln lassen.

(Tobias Müller, 14.5.2023)

(1) Die zweite große Pastakulturnation der Welt, China, hat lustigerweise eine ähnliche Teilung, bloß dass hier im Norden die gröberen Nudeln gegessen werden und im Süden die delikaten, feinen Teige.

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