Mark Zuckerberg habe sich mit seiner Idee vom Metaverse selbst in die Enge getrieben, sagen Experten.

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Die Technologiewelt ist im KI-Rausch: Die von Bildgeneratoren und OpenAI losgetretene Welle hat zuerst Microsoft erfasst, jetzt will Google die eigene Suche grundlegend verändern und auf KI aufbauen. Mark Zuckerberg sieht, während rund um ihn das Rennen um KI-Fortschritte ausgebrochen ist, die Zukunft nach wie vor im Metaverse, also der virtuellen Realität.

Meta werde sich nicht von seinem Hauptprodukt, dem Metaverse, abwenden, sagte Zuckerberg in einer vierteljährlichen Investorenkonferenz. Obwohl die Verkaufsteams von Meta das eigene VR-Konzept immer zaghafter anpreisen, sei alles beim Alten, verkündete Zuckerberg. "Es hat sich ein Narrativ entwickelt, dass wir uns irgendwie von der Metaverse-Vision wegbewegen, also möchte ich im Voraus sagen, dass das nicht korrekt ist", sagte der CEO der Facebook-Mutter. Nachsatz: Man konzentriere sich natürlich auch auf KI-Entwicklung.

Meta hat sich selbst in die Enge getrieben

Meta steckt in einer schwierigen Situation. Die Investoren sind seit Monaten besorgt, dass das ehrgeizige Metaverse-Projekt zu viele Ressourcen verschlingt, ohne dass je Gewinne dabei herausschauen. Das Unternehmen wendet jährlich mehr als zehn Milliarden Dollar für die Entwicklung der virtuellen Welt auf. Doch die Abteilung Reality Labs meldete in den in diesem Monat veröffentlichten Ergebnissen des ersten Quartals einen Betriebsverlust von 3,99 Milliarden Dollar, nachdem sie im vergangenen Kalenderjahr 13,72 Milliarden Dollar verschlungen hatte. Das Flaggschiff der virtuellen Plattform, das MMO "Horizon Worlds", hat Berichten zufolge weniger als 200.000 aktive Nutzer, berichte "The Guardian".

Die völlige Abkehr vom Metaverse könne sich Meta nach der Umbenennung des gesamten Unternehmens im Oktober 2021 nicht leisten. Das Unternehmen habe sich mit dem aggressiven Rebranding selbst in die Enge getrieben, sagt Paul Barrett, stellvertretender Direktor des NYU Stern Center for Business and Human Rights: "Wenn man seinen Firmennamen in den Namen des Produkts ändert, muss man das auch durchziehen."

Meta spricht mehr von KI, hinkt aber hinterher

Während das Metaversum zu kämpfen hat, spricht Meta zunehmend über seine Arbeit im Bereich der künstlichen Intelligenz – insbesondere der generativen KI. Auf der Bilanzpressekonferenz in diesem Monat hob Zuckerberg Metas Einsatz von KI für seine Ranking- und Empfehlungssysteme hervor und sagte, dass das Unternehmen Wege "erforscht", um generative KI in Whatsapp und Messenger einzubinden, und an "visuellen Erstellungstools" für Posts und Anzeigen auf Instagram und Facebook arbeite.

Ob Meta zu spät dran sei und die wesentliche Entwicklungen im Bereich der KI zugunsten des Metaverse versäumt habe? "Vor fünf Jahren sprach jeder über Blockchain, dann über das Metaverse und jetzt über KI", sagte Ari Lightman, Professor für digitale Medien am Heinz College der Carnegie Mellon University. "Wie wir schon bei Facebook gesehen haben, als es Instagram gekauft hat, um in den Bereich der Foto-Sharing-Dienste einzusteigen, und Whatsapp, um in den Bereich der Messaging-Dienste einzusteigen, müssen sie mit den neuesten Trends mithalten."

Unkonkrete KI-Ziele

Bei der generativen KI sei das aktuell nicht anders, und obwohl Zuckerberg das Unternehmen als Branchenführer in der KI-Forschung darstelle, sei klar, dass noch viel Arbeit vor ihm liegt. Der CEO hat im Earnings Call des Unternehmens das Wort "KI" mehr als zwei Dutzend Mal verwendet, aber nur wenige spezifische Details über seine Produkt-Roadmap für generative KI genannt – während sich Google und Microsoft mit großen KI-Ankündigungen überschlagen. "Mit den ziemlich selbstbewussten und wiederholten Erwähnungen von KI ist es, als würde Meta sagen: 'Vergesst uns nicht' – das ist nicht die ideale Position für einen CEO", so Barrett. (red, 12.5.2023)