Die Suche nach Sündenböcken für die starke Teuerung von Lebensmitteln hat Hochsaison. Weit mehr als Profiteure bringe die hohe Inflation jedoch Verlierer hervor, ist Hartwig Kirner, Chef von Fairtrade Österreich, überzeugt.

Viele Bananenbauern stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand.
Foto: Fairtrade

Die Industrie produziere mitunter kostspieliger als je zuvor. Händler reduzierten ihre Spannen, Konsumenten seien gezwungen zu sparen. Kleinbauernfamilien, die in den teils ärmsten Ländern der Welt Kakaobohnen, Kaffee, Bananen, Rosen und Zucker anbauen, erlebten extreme Teuerungen bei Düngemitteln, Energie, Logistik und Verpackung.

Kirner warnt davor, auf sie Druck auszuüben. Der Anteil der Rohstoffkosten an den verarbeiteten Lebensmitteln sei sehr überschaubar. Produzenten in Ursprungsländern besser zu bezahlen und damit für existenzsichernde Einkommen zu sorgen schlage sich nur bedingt in höheren Verkaufspreisen nieder.

Schutz der Menschenrechte und Umwelt gebe es nicht zum Sondertarif, betont Kirner und appelliert an die Solidarität der Konsumenten. Was ihre Einkaufsgewohnheiten betrifft, so hätten diese dem fairen Handel trotz angespannterer Haushaltsbudgets die Stange gehalten.

Mehr Kaffee und Kakao

592 Millionen Euro ließen sich die Österreicher fair gehandelte Lebensmittel im Vorjahr kosten. 485 Millionen Euro waren es im Jahr zuvor. Der Großteil des Zuwachses basiert nicht auf gestiegenen Preisen – sondern auf zusätzlichen Mengen. An Rohkaffee wurde hierzulande etwa um rund zehn Prozent mehr unter dem Fairtrade-Siegel verkauft.

Bei Kakaobohnen nahm der Absatz um knapp ein Fünftel zu. Leicht an Gewicht verloren haben Bananen, was an sensiblen Preisschwellen von zwei Euro für das Kilo liegt, die überschritten wurden. Fairtrade hat die Mindestpreise für Bananenbauern heuer deutlich erhöht.

Viele von ihnen stehen infolge überbordender Kosten, nicht zuletzt auch infolge des Klimawandels, und aufgrund von Dumpingpreisen der Supermärkte, die sich der Bananen als Lockartikel bedienen, finanziell mit dem Rücken zur Wand.

Der Verkauf von Rosen und Rohrzucker sank. Blumen wie Süßes hatten im Corona-Jahr davor eine Sonderkonjunktur erlebt.

Bio bremste Teuerung

Was fair gehandelten Produkten zugutekam: Viele unter ihnen sind zugleich auch bio und benötigen daher weniger Düngemittel und Pestizide als konventionelle Lebensmittel. Ihre geringere Abhängigkeit von teurer fossiler Energie dämpfte etliche Monate lang den Preisauftrieb – womit der Preisabstand zu konventionellen Lebensmitteln sank.

Kirner erwartet für das laufende Jahr für Fairtrade ein Wachstum im einstelligen Prozentbereich. Etliche Handelsketten sattelten zusehends vor allem bei Schokolade für Saisonware wie Nikoläuse und Osterhasen auf fair gehandelten Kakao um. (Verena Kainrath, 12.5.2023)