Im Jahr 2020 registrierten Fachleute mit einem Spezialteleskop an der Zwicky Transient Facility ein Himmelsereignis, auf das sie sich zunächst keinen Reim machen konnten: einen großen Helligkeitsausbruch, der nicht in ein Schema passen wollte. Die Sternwarte in den Palomar Mountains, Kalifornien, war nicht die einzige Anlage, mit der das merkwürdige Aufleuchten beobachtete wurde. Das Asteroid Terrestrial-impact Last Alert System (ATLAS) auf Hawaii bestätigte ebenfalls, dass offenbar in weiter Ferne – und damit vor langer Zeit – eine außerordentlich starke Explosion stattgefunden haben muss.

"Wir sind zufällig darüber gestolpert, weil unser Suchalgorithmus bei der Suche nach einem speziellen Supernova-Typ darauf hingewiesen hat", sagte Philip Wiseman von der britischen University of Southampton. Kein Wunder also, dass die Forschenden das Ereignis mit der Katalogbezeichnung AT2021lwx auch für eine Supernova hielten. Aber auch ein riesiges Schwarzes Loch beim Festmahl wurde als Ursache ins Spiel gebracht – ein Tipp, der sich später als möglicher Treffer erweisen sollte.

Acht Milliarden Lichtjahre entfernt

Weitere Beobachtungen bestätigten zunächst, dass die Explosion in einer äußerst fernen Region des Universums stattfand und das Licht von dort rund acht Milliarden Jahre zur Erde brauchte. Die gewaltige Distanz bedeutet auch, dass die Explosion ungewöhnlich energiereich war, doch über ihr genaues Ausmaß hatte man anfangs nur eine vage Vorstellung.

Ein hungriges supermassereiches Schwarzes Loch steckt wahrscheinlich hinter dem langanhaltenden Helligkeitsausbruch AT2021lwx.
Illustration: University of Southampton/John A. Paice

Nun liegen deutlich mehr Beobachtungsdaten von Instrumenten vor, die ein großes Spektrum vom langwelligen Infrarotbereich bis hin zur energiereichen Röntgenstrahlung abdeckten – und ein Team um Wiseman zog beeindruckende Schlüsse daraus: Man hatte hier die energiereichste bisher je beobachtete Explosion im Kosmos vor sich. Im Unterschied zu anderen, vielleicht kurzzeitig helleren Blitzen strahlt AT2021lwx über lange Zeiträume hinweg bei konstanter Helligkeit.

Und man fand auch Hinweise darauf, welche Vorgänge hinter dem kosmischen Großereignis steckten: Vieles deutet darauf hin, dass eine große Wolke aus Wasserstoff in ein supermassereiches Schwarzes Loch stürzte und dabei diese gewaltigen Energiemengen freisetzte. Der Strahlungsausbruch war zehnmal stärker als jede bekannte Supernova und dauerte nun schon über zwei Jahre an, fassen die Fachleute nun in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" ihre Beobachtungen zusammen.

Kein Schwächeln

Explosionen an sich sind im Kosmos keine Seltenheit: von thermonuklearen Ausbrüchen auf sterbenden Sternen über Supernovae, die ganze Sterne auseinanderreißen, bis hin zu den Strahlungsausbrüchen, zu denen es kommt, wenn supermassereiche Schwarze Löcher Sterne im Ganzen verschlingen. Die Palette solcher Ereignisse ist reichhaltig, doch nichts davon passte zunächst für das besonders energiereiche Himmelsereignis AT2021lwx. "Normalerweise verblassen solche Explosionen nach ein paar Monaten, dabei schwächt sich die Strahlung wieder ab", sagte Wiseman. "Dass etwas länger als zwei Jahre derart hell leuchtet, ist sehr ungewöhnlich."

Die Entfernungsbestimmung gelang durch die Analyse des Lichtspektrums. "Sobald man die Entfernung zum Objekt kennt und weiß, wie hell es uns erscheint, kann man die Helligkeit des Objekts an seiner Quelle berechnen" sagte Koautor Sebastian Hönig. "Dabei wurde uns klar, dass dieses Objekt extrem hell ist."

Quasare Unterschiede

Die einzigen Objekte im Kosmos mit einer vergleichbaren Helligkeit wie AT2021lwx sind Quasare – supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren weit entfernter Galaxien. Ihr helles Strahlen verdanken sie großen Materiemengen, die fortwährend Richtung Schwarzes Loch stürzen und sich dabei aufheizen. "Doch solche Quasare flackern, ihre Helligkeit schwankt sehr stark", erklärte Mark Sullivan, Koautor der Studie.

Im Gegensatz dazu stieg die Helligkeit von AT2021lwx zuerst innerhalb von etwa hundert Tagen um das Hundertfache an und nimmt seither sehr langsam wieder ab. Die Forschenden suchten in alten Daten nach weiteren Eruptionen des Objekts – doch bisher ohne Erfolg.

In Stücken verschlungen

Um der Ursache der Explosion auf den Grund zu gehen, haben Wiseman, Sullivan und ihre Kollegen das Himmelsobjekt drei Jahre lang mit einer Vielzahl von Instrumenten beobachtet. Mit den so gewonnenen Daten kristallisierte sich schließlich ein Szenario als wahrscheinlichste Erklärung für die Explosion heraus: Vermutlich ist eine große Wolke aus molekularem Wasserstoff, anderen Gasen und Staub von ihrem Kurs um das Schwerkraftzentrum abgekommen und in ein supermassives Schwarzes Loch gesogen worden. Dabei wurde die Wolke nicht auf einen Schlag verschlungen, sondern in Teilen – was jeweils Stoßwellen im Rest der Wolke auslöste und so zu der starken Strahlung führte.

"Solche Explosionen sind zwar offensichtlich sehr selten", sagte Wiseman. "Aber sie sind so energiereich, dass sie eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Zentren von Galaxien spielen könnten." Daher setzt das Team große Hoffnungen auf die nächste Generation automatischer Teleskope. Mit deren Hilfe sollte es möglich sein, weitere ähnliche Strahlungsausbrüche aufzuspüren. (tberg, red, 12.5.2023)