"Soul Survivors" ist eine Mischung aus allem, was "Vampire Survivors" und "Dark Souls" so gut machte.

Foto: Screenshot DER STANDARD, Stingbot Games
GameTrailers
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Wieder ist unser Held Bogatyr einsam in den verlassenen Katakomben gestorben. Die zahlenmäßige Überlegenheit der Skelette war noch kein Problem, aber der riesige Skelettbischof hat ihn unter seinen Knochenhänden zermalmt. Ja, "Soul Survivors" ist gnadenlos – aber genau deshalb drücken wir noch einmal auf "Play" und starten voller Vorfreude die nächste Runde.

Wenn "Dark Souls" und "Vampire Survivors" ein Kind hätten

Was den Indie-Titel so einzigartig macht, ist eine geschickte Kombination von Genres. "Vampire Survivors" war zwar nicht das erste Spiel dieser Art, war aber jenes Werk, das dem Konzept zum Durchbruch verhalf: Ein Charakter sieht sich endlosen Horden von Gegnern ausgesetzt. Während man seine Heldin auflevelt, erhält man neue Waffen und Fähigkeiten.

Gewinnen kann man nur, wenn man diese perfekt aufeinander abstimmt. Das Konzept brachte "Vampire Survivors" nicht nur eine Nominierung zum Spiel des Jahres ein, es trat auch eine Welle von ähnlichen Spielen wie "20 Minutes to Midnight" oder "Brotato" los. "Soul Survivors" von Stingbot Games aus Kalifornien schwimmt ganz ohne Genierer auf dieser Welle, aber das kleine Indie-Entwicklerstudio erweitert das Konzept um Spielelemente aus dem Soulslike-Genre.

Die Bosse sind die Stars

Gegner lassen Seelen fallen, rote NPC-Phantome dringen in unsere Welt ein, und gefühlt jede zweite Kiste ist ein Mimic, ein Monster, das sich als Schatz tarnt. Selbst der Bewegungsablauf dieser Kreaturen wurde perfekt in die 2D-Pixel-Welt portiert. Wer in "Dark Souls" schon einmal von einem solchen Monster getreten wurde, dürfte sich sofort heimisch fühlen.

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Die heimlichen Stars in Spielen wie "Dark Souls" oder "Elden Ring" sind natürlich die Bosse, und die spielen auch in "Soul Survivors" eine gewichtige Rolle. Haben wir im ersten Level lange genug überlebt und uns erfolgreich der immer dichter werdenden Gegnerwellen erwehrt, erscheint plötzlich ein riesiger Fleischgolem, gegen den wir antreten müssen. Die Gegnerhorden prügeln einstweilen natürlich weiter auf uns ein.

Ritter und Nekromant

Zum Glück gibt es ein gewaltiges Waffenarsenal, mit dem wir uns zur Wehr setzen dürfen. In der Early-Access-Phase stehen aktuell zwei Charaktere zur Auswahl: Ritter Bogatyr und der Nekromant. Der Ritter ist anfangs ein klassischer Fantasyheld mit einer vertikalen Attacke – seinem Schwertstreich. Steigt Bogatyr jedoch im Level auf, kann er mächtige Erdbeben entfesseln oder Feinde mit seinem Schild betäuben.

Der Nekromant geht noch origineller gegen die Feindeshorden vor: Im Nahkampf wehrt sich der zerbrechliche Skelettfürst mit einem eher unterwältigenden Morgenstern. Dafür kann er Skelette aus den sterblichen Überresten der Gegner beschwören und sie für sich arbeiten – also kämpfen – lassen. Später kommen Knochenfäuste, explodierende Totenschädel und Horden kleinerer Skelette hinzu. Anders als bei "Vampire Survivors" dürfen wir aber nicht aus einem Pool von Waffen wählen, die beiden Charaktere haben ihr eigenes vordefiniertes Set an Fähigkeiten. Man entscheidet nicht, welche Waffe man bekommt, sondern nur, wann.

Eine fast schon ruhige Szene aus "Soul Survivors".
Foto: Screenshot DER STANDARD, Stingbot Games

"Vampire Survivors" hat den Nachteil, dass es eigentlich keinen Grund gibt, einen effektiven Build, also die Kombination aus Waffen und Fertigkeiten, zu wechseln, was dazu führte, dass sich jeder Durchlauf irgendwann recht ähnlich anfühlte. "Soul Survivors" geht mit völlig unterschiedlichen Charakteren einen anderen Weg, und die beiden Charaktere unterscheiden sich spielerisch völlig. Bogatyr ist der schwer gerüstete Nahkämpfer, während der Nekromant am besten im Hintergrund bleibt und seine untoten Krieger vorschickt. Stingbot Games haben angekündigt, dass es künftig noch weitere Charaktere geben wird. Später sollen noch eine Bogenschützin, ein Feuermagier, ein Kämpfer und die mysteriöse Blood Maiden dazukommen.

Motivierende Rogue-lite-Spirale

Aktuell stehen zwei Level zur Verfügung: ein Wald, in dem wir zuerst die genreüblichen Insektenschwärme und später Wölfe, Banditen und Zauberer abwehren müssen. In den Katakomben stellen wir uns – Überraschung! – dem kleinen Einmaleins der Zombie- und Skeletthorden. Das alles ist nicht neu, dennoch stellt sich nach wenigen Augenblicken bereits das befriedigende Gefühl von Überlegenheit ein, wenn man mit Feuer und Schwert eine Schneise durch das Fantasy-Gezücht zieht.

Mimics dürfen natürlich nicht fehlen.
Foto: Screenshot DER STANDARD, Stingbot Games

Der ständige Ablauf aus Kampf und Belohnung kitzelt genau die richtigen Areale im darauf abgerichteten Gamerhirn. Doch diese Formel kennt auch die Konkurrenz am Spielemarkt. Was "Soul Survivors" einzigartig macht, sind die Bosse, von denen es pro Level zwei zu bezwingen gilt. Der erwähnte Fleischgolem ist dabei nur die kleinste Nummer. Aus Spoilergründen sei hier noch nicht zu viel verraten, aber manche Bosse manipulieren die Spielwelt oder sperren den Spielenden ein, was zu besonders intensiven Auseinandersetzungen führt.

Auch "Soul Survivors" setzt auf die üblichen Rogue-lite-Elemente: Natürlich stirbt man in den ersten Durchgängen, das gesammelte Gold kann man aber in permanente Upgrades für die Charaktere investieren. So umkreisen Bogatyr plötzlich wirbelnde Klingen, oder der Nekromant bekommt eine Aura der Furcht, die Gegner fliehen lässt.

Charmanter Pixellook

Grafisch bewegt sich das Hauen und Stechen auf dem üblichen Pixellook, wobei in "Soul Survivors" kaum Lichteffekte wie beim großen Vorbild eingesetzt werden. Stingbot Games haben sich für einen schnörkellosen Look ohne schwindlig machende Effekte konzentriert. Dafür haben die Bosse einige Liebe abbekommen, und deren Stil und Animationen erinnern schon stark an "Blasphemous" – und ein größeres Kompliment kann man eigentlich nicht machen.

Foto: Screenshot DER STANDARD, Stingbot Games

Noch befindet sich das Spiel im Early Access und wird mehrmals wöchentlich mit Updates versorgt. Der Umfang ist noch stark begrenzt, aber bis man alle vier Bosse besiegt hat, sollten schon um die zehn Stunden vergehen. Das Entwicklerstudio hat versprochen, bald neue Inhalte und vor allem Charaktere nachzuliefern. Für ein Spiel in diesem frühen Stadium ist "Soul Survivors" erstaunlich bugfrei. Nur manchmal scheint die Steuerung ein Eigenleben zu entwickeln, und Eingabebefehle werden nicht richtig erkannt – aber das ist wahrscheinlich ein lösbares Problem.

Fazit: Ein Mordsspaß um vier Euro

Ich muss zugeben, ich war schon in "Vampire Survivors" schwer verliebt, auch wenn sich das Konzept nach gut 70 Stunden dann doch ein wenig abnutzte. "Soul Survivors" trifft da genau den richtigen Nerv: Es nimmt alles, was "Vampire Survivors" großartig gemacht hat, und kombiniert es geschickt mit Elementen aus meinen Lieblingsspielen, der "Dark Souls"-Reihe. Ich fräse mich also durch Gegnerhorden, während mich ein rotes Phantom angreift und ich von einem Mimic getreten werde? Super! Im Kampf gegen Bosse muss man eigene Taktiken entwickeln, während man immer und immer wieder von ihnen in den Staub getreten wird? Da bin ich dabei! "Soul Survivors" macht so weit alles richtig, und wenn Stingbot Games ihr Versprechen halten, dann steht der nächste Rogue-lite-Knaller ins Haus. Der ganze Spaß kostet übrigens nur 3,99 Euro auf Steam – und "Soul Survivors" ist jeden Cent wert. (Peter Zellinger, 13.5.2023)