Noch immer ist aus Geheimhaltungsgründen das Fotografieren im Großen Schwurgerichtssaal beim Amtsmissbrauchsprozess gegen vier erschienene Beamte untersagt.

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Wien – Der Amtsmissbrauch-Prozess gegen mehrere Ex-Spitzenbeamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ist am Freitag fortgesetzt worden. Ihnen wird vorgeworfen, einen syrischen "Foltergeneral" in Österreich untergebracht und ihm trotz Fehlens der Voraussetzungen Asyl verschafft zu haben. Eine Beamtin schilderte die Befragung eines weiteren syrischen Asylwerbers, bei der auch ein Angeklagter anwesend war. "Übertrieben gesagt hat er mir dreingeredet".

Im Zentrum der ersten Befragung stand die "Causa Tulpe", ein Seitenstrang der Anklage. Vom Landesamt für Verfassungsschutz Oberösterreich (LVT) sei das BVT darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich in Oberösterreich ein Asylwerber befinde, der – wie auch der General – in Raqqa als hochrangiger Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes tätig war und diesen kennen hätte können. Der viertangeklagte Chefinspektor hat sich damals dafür eingesetzt, diesen Asylwerber noch vor dem eigentlich zuständigen Extremismusreferat zu befragen.

Er sei davon ausgegangen, dass der Mann nicht mehr mit ihm sprechen würde, falls Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen begonnen hätten, begründete er dies. Er befragte den Mann letztlich im September 2016. "Ich habe den Akt aber nie an mich gerissen", betonte der Beamte bei seiner Einvernahme.

Zeugin schilderte Befragung eines Asylwerbers

Als erste Zeugin sagte jene Mitarbeiterin des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) aus, die damals die Befragung des Asylwerbers durchführte, bei der auch der Angeklagte anwesend war. "Was nicht gängig war, war, dass er den Wunsch geäußert hat, nicht vorgestellt zu werden". Normalerweise werde jede bei einer Befragung anwesende Person den Asylwerbern vorgestellt.

Der Angeklagte habe "immer wieder Querfragen gestellt", aber "nichts Böses". Man habe gemerkt, dass er über mehr Wissen zu Syrien verfüge als sie, so die Zeugin. Direkte Fragen an den Asylwerber habe er aber wohl nicht gestellt, weil er eben nicht vorgestellt wurde. "Seine Fragen sind aber sicher eingeflossen. Übertrieben gesagt hat er mir dreingeredet". Danach sei er mit dem Asylwerber in einen anderen Raum gegangen und habe ihn dort weiter befragt, so die Zeugin. Im Protokoll der Befragung scheint er nicht auf, "das war absolut auf seinen Wunsch". Der General sei bei der Befragung aber kein Thema gewesen, so die Beamtin.

Syrischer General soll gefoltert haben

Vom Mossad soll der General im Rahmen der "Operation White Milk" aus Frankreich nach Österreich gebracht worden sein, wo er den Beamten des BVT übergeben worden sein soll, so die Anklage. Auf Bestreben des israelischen Auslandsgeheimdienstes sollen die Beamten ihm in Österreich dann Asyl verschafft haben. Dem syrischen General wird die Mitverantwortung für Folterungen von Gegnern des syrischen Regimes in einem Gefängnis in Ar-Raqqa vorgeworfen. Mittlerweile ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Wien in Bezug auf die Vorgänge in dem syrischen Gefängnis. (APA, 12.5.2023)