Dieser Text ist Teil eines RONDO-Design-Schwerpunkts zum Thema "Die kleinen Wahrzeichen Wiens".

Foto: Katharina Gossow

"Die Parkbank ist eine Sonderform der Sitzbank in einer Stadt. Ein Park ist etwas, das einem schmeichelt, einem guttut und einen ein Stück weit von der Stadt entfernt. Er holt die Natur in die Stadt. Ich sage den Parkbänken eine große Zukunft voraus, weil die Städte mit Sicherheit sowieso zu den neuen Wäldern werden. Immer mehr Bäume sprießen an immer mehr Orten, die Fassaden werden grüner und grüner, was klimatechnisch auch eine absolute Notwendigkeit darstellt. Das heißt, es werden auch mehr Bänke vonnöten sein.

Die Bank beim Theseustempel im Wiener Volksgarten gehört eigentlich nicht zu meinen bevorzugten. Nicht wegen der Bank an sich, sondern wegen der Aussicht. Ich ziehe Bänke vor, von denen aus man mehr von der Stadt mitbekommt, sie näher erleben kann. Man könnte auch sagen, durch das Sitzen auf einer Bank in einer urbanen Umgebung wird die Stadt an sich zum Wohnzimmer. Dem Leben der Stadt wird eine größere Aufmerksamkeit zuteil, als wenn man lediglich durch sie hindurchfährt. Die Beobachtung der Stadt von einer Bank aus hat also das Zeug dazu, Architektur zu verbessern.

Die Bank, die auf dem Foto zu sehen ist, wurde von ihrer Konstruktion her sehr touristisch gedacht. Sie bildet, an all die anderen angereiht, eine lange Kette. Ich denke, diese langen Sitzreihen stammen noch aus einer Zeit, in der man den Menschen beim Flanieren zusah und die Passanten musterte, wie bei einer Balleröffnung. Das heißt, es war auch wichtig, wie man sich kleidete, schließlich wollte man etwas hermachen. Ich finde den Gedanken an solche Schaustraßen großartig. Wenn mir Menschen aus Berlin sagen, die Wiener seien besser gekleidet als sie, so steht das vielleicht sogar für ein Echo aus dieser Zeit. In allen Städten sind Parks schön, und eine Parkbank zwischen Rosen ist etwas Großartiges. Aber jetzt erobern wir uns auch die Straßen zurück, und da sind die Bänke ein wichtiges Werkzeug.

Durch das Sitzen auf einer Bank wird die Stadt zum Wohnzimmer, findet Architekt Gregor Eichinger.
Foto: Katharina Gossow

Eine gute Bank darf bezüglich Materialwahl nicht zu schnell altern und verwittern. Weiters möchte ich komfortabel sitzen können. Ich will keine Erziehungsbank haben. Erziehung in dem Sinne, dass sie es einem verunmöglicht, auf ihr zu liegen. Mich würde es ebenso freuen, wenn verschiedene Sitzhöhen angeboten würden, nicht nur diese eine.

Benutzeroberfläche

Dem Wesen einer Bank wohnt viel Interessantes inne. Sie erlaubt einem auf besondere Art und Weise, Kontakte zu knüpfen. Die müssen auch nicht tief gehen. Das funktioniert fast besser als im Kaffeehaus, in dem jeder an seinem Tisch sitzt und wo alles viel intensiver von der Vorstellung besetzt ist, was zu geschehen hat und was nicht.

Sagen wir, auf einer Bank verhält es sich um einiges offener. Man ist besser adressierbar. Sie kann viele lebensverändernde Überraschungen bringen, da kein Filter wirksam wird, zum Beispiel eine Türe oder ein Code im Sinne von ‚Diesen Ort kann ich mir nicht leisten‘. Kommt man in eine fremde Stadt, sollte man sich erst einmal auf einer Bank niederlassen. Auf diese Art wird man die Stadt schneller kennenlernen.

Die Stadtmöblierung in Wien empfinde ich großteils als sehr gelungen. Und sehr wichtig. Wir haben für all diese Dinge vom Loos-Geländer bis hin zum Papierkorb von Luigi Blau einmal den Begriff ‚Benutzeroberfläche‘ einer Stadt entwickelt. Eine Stadt definiert sich über diese Möbel, sie sagen dir, wo du bist. Und dazu gehört auch, dass Ausstattungsmerkmale aus anderen Epochen überleben können, gerade wenn sie in einer hohen Qualität gefertigt wurden, denn das sagt vieles aus. Man erwartet eigentlich auch, dass es eine zeitliche Übereinstimmung gibt oder zumindest einen Kommentar zur gebauten Umgebung. Wiens Erscheinungsbild ist zuordenbar und inspirierend für die Zukunft." (Aufgezeichnet von: Michael Hausenblas, 22.5.2023)