Sie erwarte sich von der türkis-grünen Bundesregierung nichts mehr außer den Rücktritt, polterte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Freitag im Nationalrat. Kanzler Karl Nehammer und Co. hätten im Kampf gegen die Teuerung versagt. "Man kann sich von ihnen nichts mehr erhoffen." Solch scharfe Töne der Opposition sind im Parlament wahrlich keine Seltenheit. Vor allem wenn sie an einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung geknüpft sind. Doch diesmal ging die Sozialdemokratie einen Schritt weiter.

Sie stellten ÖVP und Grünen ein Ultimatum. "Solange die Bundesregierung keinen Markteingriff vornimmt, der Preise senkt", twitterte Rendi-Wagner. "Wird es von der Sozialdemokratie keine Zustimmung zu Gesetzen mit 2/3 Mehrheit geben." Die ÖVP könne künftig mit den Freiheitlichen verhandeln. "Da hat sie in den letzten Wochen ja gute Erfahrungen gemacht."

Wollen Druck auf die türkis-grüne Bundesregierung aufbauen: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner (rechts) und ihr Vizeklubchef im Nationalrat, Jörg Leichtfried (links).
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Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten beklagen vor allem fehlende Beachtung, wenn es um Ideen geht, die Teuerung zu bekämpfen. 31 Anträge hätte die SPÖ eingebracht, moniert ein Sprecher Rendi-Wagners. Allesamt seien sie abgelehnt worden, zuletzt auch die Forderung nach einem Einfrieren der Mieten bis 2025: "Das ist keine Einbahnstraße."

Es dauerte nicht lange, bis sich ÖVP und Grüne in einer eilig einberufenen Pressekonferenz darüber empörten. Immerhin müssten demnächst wichtige Gesetze beschlossen werden, die eine Zweidrittelmehrheit bräuchten, beklagten der türkise Klubchef August Wöginger und sein grünes Pendant Sigrid Maurer vor Journalistinnen und Journalisten. Die "Parteitaktik" der Sozialdemokratie gehe am Ende ausschließlich zulasten der Bevölkerung.

Grob gesagt, dürfte die rote "Fundamentalopposition" demnächst vor allem zwei größere Pflöcke betreffen. Das Informationsfreiheitsgesetz, das laut Maurer demnächst im Parlament behandelt werden soll. Das kommt doch etwas überraschend, da der türkis-grüne Gesetzesentwurf seit mehr als zwei Jahren verstaubt. Auf Regierungsseite offenbarte sich vor allem innerhalb der ÖVP Widerstand gegen die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Aber auch in der SPÖ gibt es eine relevante skeptische Stimme: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, zugleich einer der mächtigsten Genossen.

Hinzu kommen das sogenannte Energieeffizienzgesetz und das Erneuerbare-Wärme-Gesetz. Die Gesetze sind wichtig, da sie vereinfacht gesagt Ziele zum Stromsparen und den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen vorsehen. Was die Energieeffizienz betrifft, ist Österreich übrigens schon so lange säumig, dass dem Land Strafzahlungen drohen. Die Europäische Union hat schon im Jahr 2018 eine solche Richtlinie verabschiedet, die bis 2020 von allen Mitgliedsstaaten hätte umgesetzt werden müssen. Für die erste Strafzahlung dürfte Österreich sieben Millionen Euro berappen müssen.

Unterstützung aus dem Burgenland

Davon will man sich in der SPÖ aber nicht irritieren lassen. Die ausgerufene Sperre für Zweidrittelmehrheiten bleibe vorerst aufrecht.

Die SPÖ Burgenland mit ihrem Vorsitzkandidaten Hans Peter Doskozil unterstützt die Ankündigung der Bundespartei, der türkis-grünen Bundesregierung künftig die Zustimmung zu Gesetzen zu verweigern, da sie zu wenig gegen die Teuerung unternimmt. "Wir unterstützen das zu 100 Prozent, weil die Regierung ist handlungs- und amtsunfähig", erklärte Landesgeschäftsführer Roland Fürst am Samstag gegenüber der APA.

Dass die Ankündigung umgehend von ÖVP und SPÖ kritisiert wurde, ärgert Fürst: "Das ist der billige Versuch einer Täter-Opfer-Umkehr." Hier werde versucht, die Opposition für das eigene "Totalversagen" verantwortlich zu machen. "Dafür ist die Opposition ja da, wenn die Regierung nichts zusammenbringt", verwies der Landesgeschäftsführer etwa auf das Klimaschutzgesetz. Die Kritik richte sich daher von selbst, so Fürst. (Jan Michael Marchart, 13.5.2023)