Der Wiener Stephansdom.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Die Namen aller in der Zwischenkriegszeit in Wien verstorbenen Menschen sind im Rahmen eines umfangreichen Digitalisierungsprojekts des Wiener Stadt- und Landesarchivs digital erfasst worden. In Einzelfällen sind auch Totenbeschau-Dokumente online abrufbar, andere können nun aufgrund der digitalisierten Liste gezielt ausgehoben werden.

Durch eine Recherche im Wiener Archivinformationssystem (WAIS) lässt sich zunächst feststellen, ob eine gesuchte Person tatsächlich in Wien verstorben ist. Wenn der Name bei einer Volltextsuche nach Vor- und Nachname aufscheint, besteht laut Information des Stadt- und Landesarchivs "eine gute Chance", dass zu dieser Person auch ein Totenbeschaubefund vorhanden ist.

Dieser enthält die persönlichen Daten der verstorbenen Person wie etwa den letzten Wohnort, Sterbeort und -datum, Todesursache, Beerdigungsdatum und Friedhof. Insgesamt wurden mehr als 500.000 Datensätze zum Verzeichnis der Verstorbenen von 1919 bis 1927 und dem Index der Totenbeschaubefunde von 1928 bis 1938 angelegt.

"Wirtschaftliche und politische Krisen"

Hinter den Einzelschicksalen können sich demnach auch größere historische Ereignisse erkennen lassen. So führte etwa der "Anschluss" an das Deutsche Reich 1938 zu einer Reihe von Selbstmorden, die sich auch in dieser Quelle niederschlagen.

In ihrer Gesamtheit seien die Totenbeschaubefunde eine wertvolle sozial- und medizingeschichtliche Quelle, die wichtige Schlüsse auf das Leben und Sterben der Wiener Bevölkerung in der Zwischenkriegszeit zulassen. So ermöglichen sie etwa Analysen der Säuglings- und Kindersterblichkeit, der Verbreitung der (Lungen-)Tuberkulose oder können auch auf außergewöhnliche Todesursachen wie Mord, Selbstmord oder Unfälle hin ausgewertet werden. Auch lassen sich beispielsweise die verstorbenen Juden und Jüdinnen 1938 oder die Toten des Justizpalastbrandes (inklusive Informationen zu ihren Verwundungen) nachweisen.

"Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen war geprägt durch eine Reihe von großen wirtschaftlichen als auch politischen Krisen. Armut, Krankheiten und zunehmende Gewalt prägten die damalige Gesellschaft und sind auch in den historischen Quellen dieser Zeit zu finden", so Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ), die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Projekts "zu dieser hervorragenden Leistung" gratuliert. (APA, 13.5.2023)