Die KI erkennt anhand von 468 Bildpunkten auf dem Gesicht von Lance Carr kleinste Bewegungen. Damit kann er wieder "World of Warcraft" spielen.

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Der Hype um Generative KI bringt auch viel Negatives mit sich. Die Angst vor dem Jobverlust ist in vielen Branchen groß und schon wird über den Einsatz künstlicher Intelligenz in Waffensystemen diskutiert. Dass man mit KI auch Gutes tun kann, beweist jetzt Google. Der Techgigant hat eine Software veröffentlicht, die es querschnittgelähmten Menschen ermöglicht, einen PC zu bedienen und Spiele zu spielen – und jeder kann sie gratis nutzen.

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Der querschnittsgelähmte Spiele-Streamer Lance Carr verlor seinen gesamten Besitz bei einem Brand, der während seines Livestreams ausbrach. Carr, der an Muskeldystrophie leidet, verlor nicht nur sein Haus in Colorado, sondern auch alle Hilfsmittel, die er zum Spielen von Videospielen live auf Twitch verwendete. Schlimmer noch, seine individuell an ihn angepasste Gaming-Ausrüstung war schon alt und größtenteils unersetzlich.

Carr ist von den Schultern abwärts gelähmt. Damit war es ihm unmöglich einen PC zu bedienen oder gar Spiele zu spielen und dabei zu streamen. Google hat am Rande der I/O ein Konzept vorgestellt, das es Menschen wir Carr möglich machen soll Videospiele zu genießen. Anstatt aber neue Hilfsgeräte zu entwickeln übernimmt eine KI. Mit "Project GameFace" kann Carr seinen PC und Spiele mit seinem Gesicht steuern.

Eine Webcam und eine Software genügen

Dabei kommt eine handelsübliche Webcam und Googles Mediapipe, ein System, das mehrere Machine-Learning-Modelle miteinander verknüpft. So wird ein Netz aus 468 Punkten auf dem Gesicht von Carr erstellt. Diese Punkte werden in Telemetrie für Mausklicks und Bewegungen umgewandelt. Am ehesten lässt sich das System wohl mit Motion-Capturing-Verfahren vergleichen, die in der Filmindustrie und Spieleentwicklung mittlerweile Standard sind. Googles Mediapipe funktioniert ganz ähnlich und wurde auch schon zur Erstellung virtueller Avatare verwendet.

All dies ist mit einer Schnittstelle verknüpft, über die Mimik und Kopfbewegungen in Computereingaben übersetzt. Das System ist so präzise, dass Carr damit seinen Vornamen in Schreibschrift schreiben kann.

Wie Carr anmerkt, steuert er jetzt seinen Computer, indem er Grimassen schneidet. In einem Video über das Projekt erklärt Carr, dass er aufgrund von Muskeldystrophie heute schwächer ist als im Alter von sechs Monaten. Es sei das erste Mal, dass er etwas im physischen Sinne gewonnen habe, erklärt der Streamer.

Google hat keine Pläne, Project GameFace zu vermarkten und stellt das Projekt öffentlich zur Verfügung. Der gesamte Code wurde auf GitHub veröffentlicht. Die andere gute Nachricht ist, dass Project GameFace zwar ständig Gesichtsbewegungen verfolgt, aber keine Bilder oder Daten zur Gesichtserkennung speichert. (red, 13.5.2023)