Laut Greenpeace-Report sind in Österreich mit Stand Jänner 2023 227 Privatflugzeuge registriert.

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Das Fliegen mit Privatjets boomt in Österreich. Zu diesem Schluss kommt zumindest die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Dort hat die Klima- und Energieexpertin Jasmin Duregger die Flugbewegungen von Privatjets in den vergangenen vier Jahren untersucht. Die Zahl der Privatflüge mit Flugzeugen, die mit Turbinen betrieben werden, sowie mit Propellermaschinen hat sich demnach seit 2019 von 19.200 auf 40.700 Flüge mehr als verdoppelt.

Problematisch ist das laut Greenpeace, weil Privatflugzeuge bis zu 14-mal mehr CO2-Emissionen ausstoßen als ein durchschnittliches Verkehrsflugzeug pro Passagierin und Fluggast. Vor allem in den Corona-Sommern 2020 und 2021 seien private Flieger sehr gefragt gewesen. Die Daten stammen von der Crowdsourcing-Plattform Opensky-Networks, die mit der österreichischen Luftfahrtbehörde verknüpft ist.

Charterfirma widerspricht

Mit Stand Jänner 2023 sind 227 aktive Privatflugzeuge mit österreichischem Kennzeichen registriert, zeigt die Erhebung. Dieser zufolge haben österreichische Privatjets allein im vergangenen Jahr rund 35 Millionen Kilometer zurückgelegt und damit umgerechnet 870 Mal die Erde umrundet. Dabei haben Privatflieger in etwa gleich viel Energie verbraucht wie die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Wels im gleichen Zeitraum für Wohnen und Mobilität, heißt es.

Im Report haben Duregger und ihr Team auch Flüge und CO2-Emissionen von 14 Charterunternehmen gelistet. Auf dem ersten Platz rangiert demnach Avcon Jet mit 83.5000 Tonnen CO2-Emissionen und 9,4 Flügen pro Tag in den Jahren 2019 bis 2022. Duregger will außerdem beobachten, dass sich die Geschäftsmodelle der Unternehmen zusehends von Businesstrips auf Luxusreisen verlagern.

Laut Greenpeace-Report waren in Österreich mit Stand Jänner 227 Privatflugzeuge registriert.
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Bei Avcon Jet weist man diese Aussagen zurück. Rund 70 Prozent der Flüge seien Geschäftsreisen, die restlichen 30 Prozent medizinische Flüge, Organflüge, technische Flüge und Lieferungen produktionsrelevanter Teile sowie Flüge für Private in Urlaubsdestinationen. Die von Greenpeace erhobenen Daten für Avcon Jet entsprechen laut CEO Alexander Vagacs "nicht der Wahrheit".

Auch würden bei Avcon Jet bei allen Flügen freiwillig zwei Prozent nachhaltiges Flugbenzin beigefügt, um die CO2 Emissionen zu verringern. Die Luftfahrtindustrie fordere zudem seit Jahren ein einheitliches Luftraummanagement in Europa. Das würde sofort zehn Prozent der Emissionen einsparen.

Für Duregger ist das zu wenig. "Während die Welt in Flammen steht, jettet eine kleine Elite weiter um die Welt, als gäbe es kein Morgen." Sie fordert von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) ein EU-weites Verbot und Privatjets auf die Agenda des EU-Verkehrsgipfels Anfang Juni zu setzen.

Zwei Drittel Kurzstreckenflüge

Dies ist dem Umweltministerium zufolge bereits geschehen: "Privatjets sind besonders klimaschädlich – und besonders ungerecht. Denn einige wenige Superreiche zerstören mit ihrem Hobby unser aller Klima. Ich bin deshalb dafür, dass wir hier EU-weit strengere Regeln festlegen. Und ich habe auch dafür gesorgt, dass dieses Thema beim kommenden Treffen der Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister auf der Tagesordnung steht", sagte Gewessler in einem Statement.

Die durchschnittliche Route eines österreichischen Privatflugs dauert laut Greenpeace-Report exakt eine Stunde 23 Minuten und beträgt 828 Kilometer. Das entspricht der Strecke von Wien nach Bukarest.

Zwei Drittel aller Privatflüge seien Kurzstrecken. Besonders häufig sind sogenannte Ultrakurzstrecken mit unter 500 Kilometern. Während diese Flüge in Frankreich bereits verboten sind, machen sie in Österreich 44 Prozent aller Privatflüge aus.

Die häufigste Flugreise führt mit 415 Kilometern von Genf nach Paris und wurde im Beobachtungszeitraum exakt 511-mal gezählt. Diese Strecke würde 3,5 Stunden mit dem Zug dauern, bemängelt die Umweltschutzorganisation.

Luxusreisen reduzieren

Inwiefern Privatjets relevant sind, das fragt sich Holger Friehmelt in seiner Forschung. Er leitet das Institut für Luftfahrt an der FH Joanneum Graz. Businessjets seien für staatliche und halbstaatliche Aufgaben unerlässlich. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj etwa brauche aus Sicherheitsgründen einen Privatflieger. Ambulanzjets für Krankentransporte, dringend benötigte Medikamente oder Organspenden müssten ebenfalls abheben.

Auch in der Industrie dringend benötigte Ersatzteile müssten rasch verfrachtet werden. Das könne auch Material für eine Windturbine sein, die wichtig für die Energiewende ist, sagt Friehmelt.

Worauf man allerdings durchaus verzichten könne, seien Privatjets, die eine kleine Bevölkerungsgruppe für Shoppingreisen durch die Gegend oder zur Yacht im Mittelmeer fliegen. Privatjets pauschal zu verbieten ist aus Friehmelts Sicht dennoch nicht sinnvoll.

Businessjets als Innovationstreiber

Der Forscher führt noch einen weiteren Grund an, weswegen er Businessjets nicht "verteufelt". Er meint, dass "im Geschäftsfliegerbereich Geld für Forschung vorhanden ist". Die Luftfahrt brauche dringend Innovationen, um nachhaltiger zu werden. Diese würden häufiger im kleinen Segment der Privatflugzeuge geboren werden.

Neben den finanziellen Mitteln haben kleinere Flugzeuge auch den Vorteil, dass man günstiger und schneller Neues ausprobieren kann. "Kleinere Hersteller könnten die Innovationstreiber der Luftfahrt sein." Erforscht werde beispielsweise, wie Wasserstoff als Treibstoff dienen kann. (Julia Beirer, 16.5.2023)