Haris Tabakovic hat nicht nur den Ball, sondern auch das gegnerische Tor im Blick. Er will Schützenkönig werden.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Er hat sich vom vermeintlichen Fehlkauf zu einer Tormaschine entwickelt...

Foto: APA/Georg Hochmuth

Sehr zur Freude der Austria-Anhänger.

Foto: APA/Georg Hochmuth

Ein Treffer von Burgstaller genügte bei weitem nicht für einen Erfolg der Grünen.

Foto: APA/Georg Hochmuth

Wien – Haris Tabakovic hasst Käse, mit einem Raclette könnte man ihn quälen oder jagen. Für einen Schweizer ist das recht erstaunlich, aber es soll ja auch Österreicher geben, die ein Wiener Schnitzel strikt ablehnen. Am Sonntagabend stand der 28-Jährige nach dem 3:1-Sieg der Austria im 340. Wiener Derby gegen Rapid in den Katakomben der Generali-Arena, er gab Interviews, hielt einen Ball fest unter dem Arm. Zu Tabakovic muss man übrigens raufschauen, der Mittelstürmer misst 1,96 Meter.

Es war nicht irgendein Ball, sondern vermutlich jener, mit dem er die drei Tore erzielt hatte. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz im Fußball, dass man ab einem Hattrick die Wuchtel mitnehmen darf, ohne mit einer Diebstahlsanzeige rechnen zu müssen. "Der Ball bekommt einen Ehrenplatz neben der Trophäe zum Torschützenkönig der zweiten Liga", sagte Tabakovic. Zur Erinnerung: In der Saison 2021/22 schoss er die Austria Lustenau mit 27 Treffern ins Oberhaus. Und sich selbst zur Wiener Austria. Er kam im Sommer ablösefrei nach Favoriten zu den finanziell klammen Veilchen – Vertrag bis 2025.

Fehlkauf

Zunächst hat es überhaupt nicht geklappt, der Lulatsch aus Grenchen wurde unter Trainer Manfred Schmid als Fehlkauf abgestempelt, kam nur zu sporadischen Einsätzen. Schmid wurde abgelöst, durch den Deutschen Michael Wimmer ersetzt. Und Tabakovic blühte auf. 15 seiner bisher 17 Saisontore hat er im Frühjahr erzielt. "Neuer Trainer, neues Gück", sagt er. "Ich habe immer an mich geglaubt." Er wird übrigens in Austrias Geschichtsbüchern einen Platz finden, sechs Treffer gegen Rapid in einer Saison sind noch keinem seiner Vorgänger gelungen. Dabei wäre zum Beispiel Toni Polster einst ein Kandidat gewesen. "Das macht mich stolz."

In Dominik Fitz hat er einen kongenialen Passgeber gefunden, die beiden ergänzen einander, da passt kein Stück Schweizer Schokolade dazwischen. Der 23-jährige Fitz sagt: "Haris ist eine Maschine. Ich muss ihm nur noch die Bälle hinspielen. Wenn er so einen Lauf hat, wird er nicht mehr lange bei uns sein." Intern und von den Fans wird Tabakovic ab und zu "Jesus" genannt, er selbst lehnt Übertreibungen ab. Dass auf der Tribüne "Haris on fire" in Anlehnung an den Hit Freed from Desire der Italienerin Gala gesungen wird, schmeichelt ihm schon.

Trainer Wimmer weist jegliche Verantwortung von sich. "Ich habe mit Haris überhaupt nichts gemacht, wir Betreuer können da nichts dafür. Er arbeitet hart im Training, kommt als Erster auf den Platz, geht als Letzter. Jeder weiß, was Selbstvertrauen ausmacht. Man darf ihn nicht nur auf die Tore reduzieren. Was er für die Mannschaft arbeitet, ist enorm, wie er die Bälle festmacht, ist sensationell."

TV-Experte Alfred Tatar schwärmt von Tabakovic: "Er hat einen Körper, eine Fitness und viel Kraft. Er liest Situationen, weiß, was zu tun ist, ist im Kopf völlig klar."

Natürlich gab es in der Karriere des Torjägers auch Unklarheiten. 2018, er war in Ungarn bei Debreceni Vasutas engagiert, erlitt er eine schwere Knieverletzung, musste ein Jahr lang pausieren. "Das war keine schöne Zeit, man fragt sich, wie geht es weiter." Es ging weiter, der Wechsel 2020 nach Lustenau war eine gute Idee.

Chancenwucher

Tabakovic war nach dem 3:1 auch ein bisserl angefressen, er bemängelte seine Chancenauswertung. "Ich hätte mehr als drei Tore schießen müssen." Wichtig sei letztendlich der Erfolg der Mannschaft, Fußball benötige keine Egomanen. "Aber selbstverständlich schiele ich auf den Schützenkönig, das muss bei einem Stürmer so sein." Hauptkonkurrent ist ausgerechnet der Rapidler Guido Burgstaller, er hat zweimal öfter, nämlich 19-mal gescort. "Burgstaller schießt leider auch permanent Tore." Zum Beispiel netzte er im 340. Derby, was an der Chancenlosigkeit der Hütteldorfer nichts geändert hat.

Tabakovic wurde vor ein paar Wochen gefragt, welche Schlagzeile er gerne über sich lesen würde. "Haris schlägt voll ein", antwortete er. Die hat er nun. Die Austria ist Vierter, hat Rapid überholt. "Den Platz wollen wir unbedingt verteidigen." Am Sonntag wird die Klagenfurter Austria besucht. Wimmer sagt: "Wir werden am Gaspedal bleiben."

Bei der Austria ist also "Haris on fire". Beim Lokalrivalen Rapid, der am Sonntag den LASK empfängt, ist derweil Feuer am Dach. (Christian Hackl, 15.5.2023)

Fußball-Bundesliga (29. Runde) – Meistergruppe (7. Runde):

FK Austria Wien – SK Rapid Wien 3:1 (2:1). Wien, Generali Arena, 14.703 Zuschauer, SR Harkam

Tore: 1:0 (23.) Tabakovic, 2:0 (27.) Tabakovic, 2:1 (36.) Burgstaller, 3:1 (96.) Tabakovic

Austria: Früchtl – Mühl, Martins, Meisl – Ranftl, Holland (80. Braunöder), Fischer, Leidner – Gruber (77. Jukic), Tabakovic, Fitz (85. Dovedan)

Rapid: Hedl – Kasius, Sollbauer, Wimmer, Moormann (85. Bajic) – Kerschbaum, Greil – Strunz (32. Grüll), Druijf (58. Zimmermann), Kühn – Burgstaller

Gelbe Karten: Holland, Fitz, Tabakovic bzw. Greil, Kühn, Kerschbaum