Hatte im April Premiere im Schauspielhaus Salzburg: "Die Dreigroschenoper".

Foto: Jan Friese

Salzburg – Das Schauspielhaus Salzburg hat für die Spielzeit 2023/24 ein ambitioniertes Programm ausgewählt. Gleich vier Uraufführungen werden gezeigt: "Antigone" von Michael Köhlmeier nach Sophokles, das Kinderstück "Das Büchergeheimnis" von Peter Blaikner, "1984" von Tabea Baumann nach George Orwell und "Kleine Geister" von Theodora Bauer. Nach den mageren Covid-19-Jahren peilt das Theater heuer eine Auslastung von 70 bis 74 Prozent an.

Ein Motto für die kommende Spielzeit gibt es zwar nicht, inhaltliche Klammern aber schon: "Eigentlich ist es das Haus ohne Motto. Wir beschäftigen uns heuer mit drei Gegensatzpaaren – Staat und Individuum, Lüge und Wahrheit, Verführung und Widerstand", skizzierte der geschäftsführende Intendant Robert Pienz am Dienstag bei der Präsentation des Spielplanes den Themenbogen. "Wir glauben, dass das viel mit unserer Gegenwart zu tun hat."

Fragen an eine Musterbürgerin

Geboten werden dem Publikum eben nicht nur leichte Kost, sondern auch anspruchsvolle Stücke wie "Corpus Delicti" von Juli Zeh. Die Autorin stellt die Frage, wie und ob eine Gesellschaft funktionieren kann, wenn sich das Individuum gegen gemeinsam gestützte Normen und Werte stellt. Die Protagonistin von "Corpus Delicti" lebt als Musterbürgerin in einem Staat, der Sporteinheiten zur Gesundheit der Bürger verordnet und Ernährungsvorschriften erlassen hat. Als ihr Bruder eines Gewaltverbrechens beschuldigt wird, gerät ihr Glaube an der Unfehlbarkeit der gesetzten Ordnung ins Wanken.

"Als gesundes Haus können wir uns Dystopie leisten", sagte Pienz. "Wir wollen dem Publikum, das geistige Nahrung fordert, etwas bieten." Nur "Zucker und Schlagsahne" verderbe den Charakter, man komme davon nicht mehr weg. Natürlich verzichtet das Schauspielhaus nicht auf Publikumsmagneten wie das Musical "Der kleine Horrorladen" (Little Shops of Horrors) von Howard Ashman und Alan Menken sowie "Momo" von Michael Ende. Von diesen Aufführungen wird eine hohe Auslastung erwartet.

Auf dem Programm stehen auch zwei österreichische Erstaufführungen, und zwar die Komödie "Die Einladung" von Florian Scheibe und das Psychodrama "Nachtland" von Marius von Mayenburg. Zu sehen gibt es weiters die Komödie "Arsen und Spitzenhäubchen" von Joseph Kesselring, "Adern" – mit dem die gebürtige Tirolerin Lisa Wentz den Nestroypreis 2022 in der Kategorie "Bestes Stück" gewann, "Die Wildente" von Henrik Ibsen, "Stolz und Vorurteil (Oder So)" von Isobel McArthur nach Jane Austen sowie der Klassiker "Eine Weihnachtsgeschichte" von Tabea Baumann nach Charles Dickens.

250.000 Euro Finanzlücke

Nachdem das Schauspielhaus im Jahr 2019 mit mehr als 38.000 Zusehern noch eine Auslastung von rund 75 Prozent erreicht hatte, sank diese im Coronajahr 2021 auf circa 54 Prozent. "Das war das schlimmste Jahr. Wir hatten 8.600 Besucher", schilderte der neue Verwaltungsleiter Reiner Philipp Kais. Im Jahr 2022 sei es gelungen, mit über 35.000 Besuchern, 319 Vorstellungen und einer Auslastung von 66 Prozent wieder aufzuholen. Und das Halbjahr 2023 "hat sehr gut angefangen".

In den Covid-Jahren hat das Haus auch die notwendigen Sonderförderungen erhalten. Allerdings muss noch eine Finanzlücke in Höhe von 250.000 Euro mit Hilfe von Fördergeldern gefüllt werden. Das Minus ist der Coronapandemie geschuldet, weil man in diesen Jahren keine Gastspiele veranstalten und keine Sponsorprojekte an Land ziehen konnte. Die Gesprächsbasis mit den Fördergebern sei gut, man habe Vertrauen in das Haus, sagte der Intendant. "Wir erwirtschaften über drei Millionen Euro pro Jahr. Diese Lücke ist nicht überproportional und müsste mit vereinten Kräften zu stemmen sein." Die Ticketpreise werden auch nicht in die Höhe geschraubt, "wir wollen ein Haus bleiben, das leistbar ist für alle Menschen." (APA, 16.5.2023)