In Österreich dürfen nur die Casinos Austria Onlineglücksspiel anbieten.

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In Malta hat die Regierung Ende April ein Gesetzesvorhaben in das Parlament gebracht, das die Vollstreckung ausländischer Urteile gegen maltesische Glücksspielanbieter einschränkt, wenn diese Urteile im Widerspruch zu maltesischem Glücksspielrecht stehen. Hintergrund sind sogenannte Spielerklagen aus Österreich. Nach der Rechtsprechung dürfen nur österreichische Anbieter Glücksspiel in Österreich anbieten. Spieler fordern daher ihre Verluste zurück.

Malta will dem nun einen Riegel vorschieben. Gestützt wird dies auf die sogenannte Ordre-public-Regel. Darunter versteht man, dass die Anwendung internationalen Rechts unterbleibt, wenn sie wesentlichen innerstaatlichen Rechtsgrundsätzen widersprechen würde.

Die EU-Vollstreckungsverordnung verpflichtet prinzipiell zwar alle EU-Mitgliedsstaaten, die Urteile anderer EU-Staaten in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken, sodass österreichische Urteile gegen maltesische Unternehmen in Malta vollstreckt werden müssten. Auch diese Verordnung kennt aber den expliziten Vorbehalt, dass ausländische Entscheidungen auf Antrag dann nicht anerkannt werden müssen, wenn dies der öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchten Mitgliedsstaats offensichtlich widersprechen würde.

"Notwehr" aus Malta

In Österreich wurden zahlreiche Urteile gefällt, die nach maltesischer Auffassung wesentlichen Rechtsgrundsätzen widersprechen. Die Reaktion der maltesischen Regierung ist so gesehen eine Notwehr gegen österreichische Gesetze und Rechtsprechung. Hintergrund des geplanten Gesetzes ist ein lang andauernder Konflikt um das Glücksspiel in der EU.

In Österreich gibt es ein Glücksspielmonopol, und der Monopolist Casinos Austria ist gut etabliert, politisch bestens vernetzt und der Staat zu rund einem Drittel beteiligt. Nur die Casinos Austria dürfen mit Win2day Onlineglücksspiel anbieten, andere Angebote aus der Europäischen Union werden nicht zugelassen.

Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung bzw. der Vorwand für dieses Monopol war und ist vor allem der Spielerschutz. Die Rechtfertigung wird aber bezweifelt, weil es durchaus andere Möglichkeiten gibt, Spieler zu schützen, als durch ein Monopol. Dass die Casinos Austria außerdem Glücksspiel bewerben dürfen und dies intensiv tun, wirkt in diesem Zusammenhang seltsam. Fragwürdig ist auch, dass das Ministerium, das die Aufsicht über das Unternehmen ausübt, gleichzeitig den Teileigentümer der Casinos Austria (nämlich den Staat) vertritt. Eine Reform scheiterte aber, da das Glücksspiel ein Politikum ist.

Verstoß gegen Dienstleistungsfreiheit?

Die Europäischen Verträge verlangen von den Mitgliedsstaaten allerdings die Beachtung der Dienstleistungsfreiheit. Ein Unternehmen, das seine Tätigkeit nach den Gesetzen eines Mitgliedsstaates rechtmäßig ausübt, darf diese auch in allen anderen Mitgliedsstaaten rechtmäßig ausüben. Maltesische Glücksspielanbieter stützen sich auf diese Grundfreiheit, wenn sie in Österreich Glücksspiel neben den Casinos anbieten. Österreich schlug aber zurück, und berief sich wiederum darauf, dass auch Grundfreiheiten eingeschränkt werden dürften, wenn dies dem Spielerschutz diene.

Der Oberste Gerichtshof erkannte bereits im Jahr 2016 (OGH 30.3.2016, 4 Ob31/16m), dass das Spielerschutzargument nur eine Schutzbehauptung ist, um dem Staat die Einnahmen aus dem Glücksspiel zu sichern. Die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erachtete er als verfassungswidrig und stellte an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) gemeinsam mit weiteren Gerichten den Antrag, das Glücksspielgesetz aufzuheben. Die Höchstrichter wiesen die Anträge aber aus Formalgründen zurück. Die Gerichte hatten die Anträge nach Ansicht des VfGH falsch formuliert (VfGH 15.10.2016, G 103-104/2016 ua).

Daraufhin schwenkte der OGH um, und auch der VwGH entschied letztlich wie der VfGH jeweils gegen die anderen Glücksspielanbieter, und ganz im Sinne der Casinos Austria. In weiterer Folge fällten die Zivilgerichte zahlreiche Urteile gegen maltesische Anbieter wegen Verletzung des österreichischen Monopols.

Match Österreich gegen Malta

Das Parlament in Malta will nunmehr auf Initiative der maltesischen Regierung, die mit der sozialdemokratischen Partei über eine komfortable Mehrheit verfügt, ein Gesetz beschließen, nach dem die Urteile der österreichischen Zivilgerichte gegen maltesische Glücksspielanbieter in Malta voraussichtlich nicht mehr vollstreckt werden könnten. Die erste Lesung fand am 27. April statt.

In dem Match Österreich gegen Malta steht es damit – vorbehaltlich der endgültigen Beschlussfassung im maltesischen Parlament – kurz vor dem 1:2, aber es bleibt spannend. Der österreichische Gegenschlag wird nicht lange auf sich warten lassen. Wünschenswert wäre aber, dass Österreich und Malta im Sinne der Europäischen Verträge zusammenarbeiten. (Benjamin Twardosz, 19.5.2023)