Geld für katholische Privatschulen fließt unbürokratischer und stärker als für alternative Schulen wie Waldorfschulen.

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Die Forderung einer Wiener Waldorfschule zeigt einmal mehr das seltsame Verhältnis in Österreich zwischen Kirche, Staat und Gesellschaft auf. Nichtkonfessionelle Privatschulen müssen in Österreich um Subventionen ansuchen, während für konfessionelle Privatschulen alle Lehrkräfte vom Staat finanziert werden – ohne dass sie laufend darum ansuchen müssen. Nun fordert eine Waldorfschule Fördergleichstellung mit kirchlichen Schulen. Zum Vergleich: In Österreich gibt es rund 290 katholische Privatschulen, von Waldorf- und Rudolf-Steiner-Schulen gibt es insgesamt 20.

Man kann über Waldorfschulen oder andere als alternativ geltende Schulen verschiedenster Meinung sein. Wo aber genau der Unterschied zwischen konfessionellen und nichtkonfessionellen Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht liegt, das wird weder diskutiert noch nachvollziehbar argumentiert. Vielmehr ist es eine diffuse Vorstellung von österreichischer Kultur oder Tradition, die hier gute Gründe ersetzt.

Katholische Heldenfiguren

Ja, es geht um Überzeugungen, aber das gilt für beide. Man muss von den pädagogischen Ansätzen von Waldorf- oder Rudolf-Steiner-Schulen ebenso überzeugt sein wie davon, dass eine katholische Privatschule das Richtige für das eigene Kind ist. Hier wie dort geht es um Weltanschauungen. Doch wenn es beispielsweise um katholische Heldenfiguren geht, wird gern so getan, also ob es keine Sekunde um einen spezifischen Glauben ginge, sondern um ethische Mindeststandards.

Der katholische Glaube wird eher als bewährte Kulturpraxis denn als Glaube betrachtet. Und damit gerät aus dem Blick, dass die Kirche den Leitlinien einer liberaler Demokratie meist ordentlich hinterherhinkt. Sei es hinsichtlich gleicher Rechte für Familienkonstellationen fernab von Mama-Papa-Kind, Gleichstellung für LGBTQI+ oder des Kampfes gegen beschränkende Rollenbilder für Frauen und Männer. Religionen im Allgemeinen, nicht nur der Katholizismus, sind meist alles andere als gesellschaftspolitische Avantgarde.

So ist es für Eltern ohne Bekenntnis oft unverständlich, dass ihre Kinder ab der Volksschule in verschiedene Gruppen müssen, wenn es um Werte, Vorstellungen von Richtig oder Falsch oder Gerechtigkeit geht. Wenn sie sich in den islamischen, evangelischen oder katholischen Religionsunterricht aufdröseln, während die ohne Religionsunterricht – weil sie selbst oder ihre Eltern für sie keinen wollen – woanders diese Stunde verbringen.

Ethik statt Glaube

Warum nicht stattdessen schon für Volksschüler:innen Ethikunterricht? Weil sie ethische Fragen noch nicht verstehen? Ein schwaches Argument. Immerhin werden sie schon zuvor im Kindergarten mit katholischen Schmalspurvarianten, etwa zum Thema Gerechtigkeit, versorgt. Stichwort Heiliger Martin, der jedes Jahr im November bekanntlich seinen Mantel mit einem Schwert teilt und ihn einem armen, kaum bekleideten Mann gibt. Und das ist nur ein Beispiel zahlreicher christlicher Erzählungen, auf die Kinder treffen. Daran muss beileibe nichts Schlechtes sein, dennoch kommen – um beim Beispiel des Heiligen Martin zu bleiben – Botschaften über Empathie, Mitgefühl und Teilen halt im katholischen Mantel daher. Geschichten über Gerechtigkeit ließen sich aber durchaus anders, säkulärer, erzählen. Dass es nicht nur um eine milde Gabe gehen soll, sondern um soziale Gerechtigkeit – kindgerecht erklärt freilich.

Und vielleicht lässt sich mit Ethik auch dahingehend etwas tun, dass Kinder langsam an die Frage herangeführt werden, was Glaube ist – damit sie später kritikfähig werden, etwa hinsichtlich dessen, warum der Staat für die eine Überzeugung bereitwilliger zahlt als für eine andere. (Beate Hausbichler, 22.5.2023)