Das Empire State Building ragt in den Himmel.

Foto: AP / Julia Nikhinson

New York könnte künftig stärker von Überflutungen betroffen sein als andere Küstenstädte. Denn zum Anstieg des Meeresspiegels durch den Klimawandel kommt ein Absinken des Untergrunds um durchschnittlich ein bis zwei Millimeter pro Jahr. Die Absenkung hängt sowohl von der Bebauung ab als auch vom Untergrund selbst. Während die auf Felsgestein gegründeten Wolkenkratzer kaum einsinken, sind küstennähere Bereiche mit weicherem Untergrund deutlich stärker betroffen.

Das berechnet ein Team um Tom Parsons vom United States Geological Survey in Menlo Park (US-Bundesstaat Kalifornien) im Fachjournal "Earth's Future". Der Wirbelsturm Sandy sorgte 2012 dafür, dass Teile der Metropole von Meerwasser überflutet wurden. Die starken Regenfälle des Wirbelsturms Ida brachten 2021 das Abwassersystem zum Überlaufen, wieder standen Teile der Stadt unter Wasser. Studien zufolge dürfte der Klimawandel für mehr Wirbelstürme im Raum New York sorgen, außerdem könnte der Meeresspiegelanstieg an der US-Ostküste drei- bis viermal stärker ausfallen als anderswo auf der Welt.

Globale Probleme

So könnte einer Simulation von Climate Central zufolge die Freiheitsstatue im Jahr 2100 (rechte Bildhälfte) angesichts des steigenden Pegels ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen aussehen – im Vergleich zu heute (links).
Bild: Fatih Aydogdu, Climate Central, Google Earth / Landsat / Copernicus Data SIO / NOAA / U.S. Navy / NGA / GEBCO

Visualisierungen, wie sie die NGO Climate Central zur Verfügung stellt, zeigen, wie Monumente und Satellitenbilder aussehen könnten, wenn der Meeresspiegel steigt. Allerdings müssen diese "Prognosen" unter Vorbehalt betrachtet werden: Dämme, die bereits jetzt vorhanden sind, werden größtenteils nicht berücksichtigt, weshalb auch etwa die europäischen Küsten vielerorts besser dastehen dürften als gezeigt.

Auch ein Werkzeug der Nasa, das auf den aktuellsten Daten des IPCC beruht, visualisiert den künftigen Anstieg des Meeresspiegels für verschiedene Szenarien. Durch das Abschmelzen polaren Eises aufgrund der globalen Erhitzung steigt der Pegel – je nach Gegebenheiten betrifft dies aber nicht alle Küsten im gleichen Ausmaß. Und dass die Bebauung zusätzlich das Flutrisiko erhöht, zeigt das Beispiel der indonesischen Stadt Jakarta, deren Einzugsgebiet Heimat für rund 34 Millionen Menschen ist. Aus dem nachgiebigen Erdboden wird Grundwasser abgepumpt, um die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen – legal, aber auch über illegale Brunnen.

Schwere Gebäude

In New York City steigern die hohen, schweren Gebäude die Überflutungsgefahr. Mittels Modellierungen und Schätzungen machte das Team um Parsons als Gesamtgewicht der Gebäude in New York City beachtliche 764 Millionen Tonnen aus. Die konkrete Absenkungsrate hängt freilich auch von den Bodenarten ab. Demnach haben Lehmböden und künstlich aufgefüllte Flächen ein Absenkungspotenzial durch die Bebauung von 7,5 bis 60 Zentimetern, mit einem Mittelwert von gut 29 Zentimetern. Andere Böden sind weniger anfällig, der Auflast nachzugeben, mit Mittelwerten von sechs bis zwölf Zentimetern.

Für Felsgestein ermittelten die Fachleute ein Absenkungspotenzial von null bis 0,5 Zentimetern. Denn bei diesem Untergrund verformt sich die Erde bereits unmittelbar nach dem Bauen, danach kaum noch. Zudem gibt es im Raum New York eine natürliche Absenkung des Bodens, die noch immer von der letzten Eiszeit herrührt. Die Gebäudelast leiste lediglich einen Beitrag zur Absenkung, betonen die Autorinnen und Autoren. Auch im Norden von Staten Island, wo die Gebäudelast gering ist, seien starke Absenkungen beobachtet worden.

Entwicklung der Stadt

Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter warnen vor einem sorglosen Umgang bei der Entwicklung der Stadt. So seien nach dem Wirbelsturm Sandy 90 Prozent der Gebäude in überschwemmungsgefährdeten Gebieten nicht nach den Standards für Überschwemmungsgebiete gebaut worden. Die Entnahme von Grundwasser könne zu weiteren Absenkungen führen.

Wegen der Auffüllung von Nebenflüssen bringen der East River und der Harlem River kaum noch Sedimente in den Hafen von New York. Das mache die Stadt anfälliger für Überflutungen durch Nordostwinde und Wirbelstürme, schreiben die Geologen. Betroffen sein dürfte vor allem Lower Manhattan: Die Südspitze des zentralen Bezirks liegt gerade einmal ein bis zwei Meter über dem Meeresspiegel. (APA, sic, 19.5.2023)