Sie stellen Essen und Pakete zu. Sie therapieren Kranke, planen und bauen Häuser. Sie arbeiten als Grafiker, Fotografen und Berater. Viele sind ihr eigener Chef, zugleich jedoch ihr einziger Mitarbeiter, und hanteln sich von Auftrag zu Auftrag.

Vom Paketzusteller und Altenpfleger über Fotografen bis zu Therapeuten: Der Weg in die Selbstständigkeit ist nicht immer freiwillig gewählt. Steuerfreie Teuerungsprämien gibt es bisher nur für Arbeitnehmer.
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Ein guter Teil der modernen Tagelöhner hat die Freiheit, in der sie ihr Geld verdienen, nicht selbst gewählt. So groß die Vielfalt ihrer Branchen ist, in denen sie sich verdingen, so schwach ist die politische Lobby, die ihnen den Rücken stärkt.

Österreichs Selbstständige wurden im Zuge der Inflationsdebatten oft vergessen, meint Michael Bernhard, Bundessprecher der Unos, der Interessenvertretung der Neos in der Wirtschaftskammer. Er erinnert an Angestellte, die seit 2022 von einer Teuerungsprämie von bis zu 3000 Euro profitieren. Arbeitgeber können diese freiwillig auszahlen. Steuern und Abgaben gibt es darauf keine. In den Genuss der zusätzlichen Gehälter kommen Bürokräfte ebenso wie Topmanager.

"Mit zweierlei Maß"

Unternehmern bleibe diese Begünstigung versagt, obwohl sie unter der hohen Inflation nicht weniger litten, betont Bernhard im Gespräch mit dem STANDARD. Er wolle keinem in der Regierung Böses unterstellen. "Hier wird aber mit zweierlei Maß gemessen. Es geht nicht um Vollkaskomentalität, sondern um faire Risikoverteilung."

Die Unos fordern daher eine Prämie in gleicher Höhe für Selbstständige rückwirkend für 2023. Umgesetzt werden soll sie in Form von Absetz- bzw. Freibeträgen oder verringerten Beitragssätzen – unabhängig von der Rechtsform eines Betriebs.

Ein entsprechender Antrag erging diese Woche ans Wirtschaftsparlament der Wiener Wirtschaftskammer. Bernhards Ziel ist es, sich dafür auf Bundesebene starkzumachen, was freilich die Unterstützung anderer Parteien voraussetzt.

Betroffen wären gut 400.000 Unternehmer, rechnet er vor. Den Staat würde die Prämie weniger als eine Milliarde Euro kosten. Haben Eigentümer großer Konzerne und Betriebe neue Zuwendungen nötig? Diese machten ja nur einen Bruchteil der Selbstständigen aus, sagt der Unos-Sprecher. Der Fokus liege klar auf Kleinstunternehmen. Er rede daher gerne über Einkommensobergrenzen, auch wenn diese bei den Arbeitnehmern nicht eingezogen wurden.

Hebel gegen Ausbeutung

Die Wirtschaftskammer plädiert auf Nachfrage für andere Maßnahmen wie bessere Gewinnfreibeträge.

Sabine Jungwirth, Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft, signalisiert Unterstützung, sofern nur Selbstständige mit einem Jahresgewinn vor Steuern unter 60.000 Euro Anspruch auf die Teuerungsprämie haben. Diese auch für Einzelkämpfer einzuführen sei nur gerecht.

Christoph Matznetter nennt die soziale Lage katastrophal und führt die Generation der Working Poor ins Treffen, die ohne arbeitsrechtlichen Schutz ihr Auskommen suche. Der SP-Wirtschaftssprecher zieht Grenzen für diese Begünstigung bei der Zahl der Mitarbeiter, die fünf nicht sprengen dürfe. Größere Hebel gegen grassierende Selbstausbeutung ortet Matznetter aber darin, die vertragliche Verhandlungsposition der Ein-Personen-Unternehmen zu verbessern. "Nicht jedes Problem lässt sich nur durch mehr Geld aus dem Staatshaushalt lösen." (Verena Kainrath, 20.5.2023)