Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis setzt auf Steuererleichterungen.

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Er ist gerade wegen seiner Unauffälligkeit beliebt. Kyriakos Mitsotakis ist kein Scharfmacher, keiner, der polarisiert oder Politik als Unterhaltungsprogramm versteht. Diese Ruhe und Berechenbarkeit gefällt Griechinnen und Griechen nach Jahren der Angst in der Finanzkrise.

Der heute 55-jährige Technokrat hat Griechenland in stillere Gewässer geführt. Die Wirtschaft und der Haushalt stabilisierten sich. Das Land wird nicht mehr von internationalen Geldgebern überwacht. Auch die Arbeitslosenrate ist heuer auf den Stand vor der Schuldenkrise, etwa zehn Prozent, gesunken.

Umstrittene Migrationspolitik

Mitsotakis setzte vor allem auf Steuererleichterungen und Privatisierungen. Dennoch bleibt Griechenland weiterhin der EU-Staat mit der höchsten Verschuldung. Kritik gab es aber vor allem an seiner Migrationspolitik: Der Aufenthalt für Asylwerber in Sozialwohnungen wurde gekürzt, und die illegalen Pushbacks Richtung Türkei nahmen eklatant zu. Andererseits wurden überfüllte Lager auf den Inseln entlastet.

Bis zum Vorjahr galt der Postpopulist, der sich junge Berater holte, als äußerst erfolgreich und unbefleckt. Doch dann wurde die Hacking-Affäre publik. Staatliche Geheimdienstler hatten mit dubioser Software Journalisten und Oppositionelle ausspioniert. Mitsotakis sprach von "irrtümlichen Handlungen".

Peinliche Hacking-Affäre

Doch er selbst hatte 2019 bei Amtsantritt den Geheimdienst EYP zur Chefsache erklärt. Peinlich ist auch, dass sein Neffe Grigoris Dimitriadis – er war Generalsekretär im Büro des Premiers – aufgrund der Hacking-Affäre gehen musste. Dass Mitsotakis aus einer Politikerdynastie stammt, die versorgt werden will, erwies sich da mehr als Fluch denn als Segen.

Sein Vater, Konstantinos Mitsotakis, regierte Anfang der 1990er. Sohn Kyriakos war ein halbes Jahr alt, als die Familie 1968 nach dem Militärputsch nach Paris floh. Seine ältere Schwester Dora Bakoyanni war Außenministerin. Mitsotakis selbst studierte in Harvard und Stanford und arbeitete als Finanzanalyst in London. 1997 kehrte er nach Athen zurück.

Nach einer Zeit als Abgeordneter wurde er 2016 zum Chef der Nea Dimokratia (ND) erkoren. Bei den Wahlen 2019 siegte die ND mit knapp 40 Prozent der Stimmen. Mitsotakis führte die Partei in die Mitte. Für gewöhnlich redet er nicht viel, sondern handelt. Sein Vorteil ist wohl auch, dass er unterschätzt wird. Mitsotakis ist mit der Investmentbankerin Mareva Grabowska verheiratet. Die beiden haben drei Kinder. (Adelheid Wölfl, 21.5.2023)