Die Eruption des Hunga Tonga 2022 war der größte Vulkanausbruch des 21. Jahrhunderts, der eine Reihe extremer atmosphärischer Phänomene nach sich zog. Dazu gehörten die stärkste je registrierte Druckwelle sowie die höchste je gemessene Wolke, die sich 57 Kilometer hoch bis in die Mesosphäre erstreckte.

Aus dem All zeigt sich das ganze Ausmaß der Eruption.
Foto: imago images/ZUMA Wire

Eine neue Studie im Fachjournal "Scientific Reports" zeigt nun, dass der Ausbruch Auswirkungen bis ins Weltall hatte. Das internationale Team konnte, zeigen, dass die Druckwelle möglicherweise eine Blase in der Ionosphäre erzeugte.

Die Ionosphäre ist ein Bereich der oberen Atmosphäre, in der besonders viele elektrisch geladene Teilchen – Ionen – auftreten. Die UV-Strahlung der Sonne entreißt den Molekülen der Atmosphäre Elektronen, wodurch sie positiv geladen sind. Für Satellitensignale wie jene der GPS-Satelliten ist die "F"-Schicht der Ionosphäre in 200 bis 400 Kilometern, in der die Zahl der Ionen am größten ist, besonders wichtig. Durch die elektrische Ladung dieser Schicht hat sie Einfluss auf elektromagnetische Wellen, etwa jene von Satelliten, die von dieser Schicht reflektiert oder gebrochen werden.

Treten in der F-Schicht Unregelmäßigkeiten auf, wirkt sich das auf die Kommunikation der Satelliten aus. Zuweilen steigen aus der F-Schicht Blasen mit elektrisch geladenem Gas – Plasma – in höhere Schichten auf. Diese Blasen werden EPBs genannt, eine englische Abkürzung, die übersetzt "Äquatoriale Plasmablasen" bedeutet.

Schon seit längerem war vermutet worden, dass Vulkanausbrüche Unregelmäßigkeiten in der F-Schicht auslösen können, war doch bereits bekannt gewesen, dass atmosphärische Druckwellen sich auch auf die F-Schicht auswirken.

Mögliche Verbindung

Mithilfe von Daten zweier Forschungssatelliten, dem Arase-Satelliten, der EPBs nachweisen kann, und dem Himawari-8, der die Ankunft der Druckwellen von Hunga Tonga messen konnte, untersuchte das Team eine mögliche Verbindung zwischen der Druckwelle der Eruption und den in der Folge aufsteigenden EPBs.

"Die Ergebnisse dieser Studie zeigten EPBs in der äquatorialen Ionosphäre bis zu den niedrigen Breitengraden in Asien, die als Reaktion auf die Ankunft von Druckwellen entstanden, die durch unterseeische Vulkanausbrüche vor Tonga verursacht werden", sagt Studienautor Shinbori.

Diese Grafik veranschaulicht sogenannte EPBs, die als Blasen aus der F-Schicht der Ionosphäre aufsteigen.
Bild: ERG Science Center

Unerwartet große Anomalien

Doch die Forschenden fanden auch unerwartete Abweichungen so berichten sie, dass die Effekte in der Ionosphäre zum Teil Minuten oder sogar über eine Stunde vor dem Eintreffen der stärksten Druckwelle begannen. "Dies deutet darauf hin, dass die Ausbreitung der schnellen atmosphärischen Wellen in der Ionosphäre die ionosphärischen Störungen auslöste, bevor die Stoßwellen eintrafen. Daher muss das Modell überarbeitet werden, um diese schnellen atmosphärischen Wellen in der Ionosphäre zu berücksichtigen", sagt Shinbori.

Außerdem seien die EPBs in Folge des Vulkanausbruchs ungewöhnlich groß gewesen. "Frühere Studien haben gezeigt, dass die Bildung von Plasmablasen in solch großen Höhen ein seltenes Ereignis ist, was dies zu einem sehr ungewöhnlichen Phänomen macht", sagt Shinbori. "Wir fanden heraus, dass die bei diesem Ausbruch gebildete EPB sogar über die Ionosphäre hinaus in den Weltraum gelangte." Das deute darauf hin, dass man bei extremen Naturphänomenen wie dem Tonga-Ereignis auf Effekte in der Ionosphäre achten sollte.

Dass der Vulkanausbruch die extremen EPBs tatsächlich ausgelöst habe, behauptet das Team in seiner Studie übrigens nicht. Man betont aber, dass die Beobachtungen frühere Vermutungen eines Zusammenhangs zwischen Vulkanausbrüchen und Ionosphärenphänomenen untermauern. Künftig soll so jedenfalls, nach den Vorstellungen des Teams, die Vorhersage von EPBs möglich werden. (Reinhard Kleindl, 23.5.2023)