Kyriakos Mitsotakis hat wohl keine Lust auf eine Koalition.

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Nach der Wahl vom Sonntag hat der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis, dessen konservative Nea Dimokratia (ND) dabei mit mehr als 40 Prozent erfolgreichste Partei wurde, am Montag angedeutet, dass er eine zweite Wahl anstrebe, um danach eine Alleinregierung bilden zu können. Bei der entsprechenden Abstimmung in sechs Wochen würde ihm das leicht gelingen, weil dann wieder das Mehrheitswahlrecht gelten würde, das der stärksten Partei 50 Bonussitze zuschlägt.

Das derzeitige Verhältniswahlrecht, das die Notwendigkeit einer Koalition geschaffen habe, komme einem "Kuhhandel mit den Parteien" gleich, erklärte Mitsotakis. Die ND liegt derzeit 20 Prozentpunkte vor ihrem Hauptkonkurrenten, der linken Syriza, die massive Verluste erlitt. Dazugewonnen haben die Mitte-links-Partei Pasok (11,5 Prozent) und die Kommunisten (7,2 Prozent), aber auch die rechtsradikale Griechische Lösung (4,5 Prozent).

Niederlage für Syriza

Syriza-Chef und Ex-Premier Alexis Tsipras räumte die Niederlage ein. "Das Ergebnis ist außerordentlich negativ", sagte er, kündigte aber an, dass er sofort in den nächsten Wahlkampf einsteigen werde. Die neuerliche Wahl soll am 25. Juni oder 2. Juli stattfinden. Jene am Sonntag war die erste in Griechenland, seit die Wirtschaft des Landes nicht mehr unter der Aufsicht internationaler Kreditgeber steht, die während der fast zehnjährigen Finanzkrise Hilfsgelder bereitgestellt hatten.

Mitsotakis, ein 55-jähriger ehemaliger Bankmanager mit Harvard-Ausbildung, profitierte sichtlich vom wirtschaftlichen Aufschwung und der Stabilisierung der finanziellen Situation. Im Vorjahr war die Regierung in der Lage, Kredite frühzeitig zurückzuzahlen, die sie bei den Staaten der Eurozone aufgenommen hatte. Allerdings war das nicht nur das Verdienst der Regierung Mitsotakis, die seit 2019 an der Macht ist, sondern auch die Konsequenz jener Reformen und Sparmaßnahmen, die bereits Tsipras durchgeführt hatte.

Vor allem aber profitierte Griechenland in den vergangenen Jahren von den EU-Geldern, die zur Bewältigung der Pandemie und zur Ankurbelung der Konjunktur nach Athen flossen.

Investoren kehrten zurück

Ausländische Investoren kaufen nun wieder griechische Staatsanleihen. Auch das Investment-Grade-Rating für griechische Anleihen ist absehbar. Zudem sind Investoren – vor allem in den Bereichen Tourismus und Solarenergie – zurückgekehrt. Laut dem EU-Statistikamt Eurostat erzielte Griechenland im letzten Quartal 2022 die zweithöchste Wachstumsrate der Eurozone. Der wirtschaftsliberale Mitsotakis setzte vor allem auf Steuersenkungen. Diesen Kurs will er beibehalten.

Nach dem großen Eisenbahnunglück vom 28. Februar, bei dem 57 Menschen ums Leben kamen, versprach er außerdem, mehr Geld in die Bahn, deren Sicherheitsinfrastruktur und die Bahnhöfe zu investieren.

Außenpolitisch hat sich Mitsotakis in der Nato und der EU in den vergangenen Jahren als verlässlicher Partner erwiesen, auch hinsichtlich des Krieges in der Ukraine. Eine der wohl größten Herausforderungen für Mitsotakis wird es sein, das Verhältnis zur Türkei nach der wahrscheinlichen Wiederwahl von Recep Tayyip Erdoğan am 28. Mai zu verbessern, was auch für die Nato wichtig wäre. Zuletzt gab es dafür positive Ansätze. Inhaltlich geht es vor allem um die Seegrenzen und die umstrittenen Rechte an Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer, aber auch um Migrationsströme. (Adelheid Wölfl, 22.5.2023)