Der Radweg entlang des Wienflusses nahe Wien-Hütteldorf war nach tagelangem Regen überschwemmt.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Seit den 90er-Jahren wird heftig an der sogenannten Renaturierung des Wienflusses gewerkelt. Einbetonierte Pflastersteine wurden herausgerissen, dafür natürliche Flusssedimente reingekippt und Uferpflanzen eingesetzt. Die Universität für Bodenkultur Wien hat währenddessen zahlreiche Studien und Forschungsprojekte durchgeführt.

Auch Magdalena von der Thannen befasst sich mit diesem Thema und forscht dazu am Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau. Wichtig sei die Renaturierung der Flüsse, um die Europäische Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen – sie gibt Auskunft über den Zustand der Gewässer. Außerdem führt die Begradigung und Verbauung der Flüsse, die mit der Industrialisierung begonnen hat, immer wieder zu Überschwemmungen und Hochwassern mit verheerenden Folgen und Schäden.

Geraden statt Kurven

Während Flüsse früher nämlich mäandert – sprich kurvig geflossen – sind, verlaufen sie heute meist in geregelten Bahnen über teilweise zubetonierte Flussbetten ohne Tiefenunterschiede und Sedimente. Das hat zur Folge, dass das Wasser ungebremst fließen kann und bei Starkregenereignissen schneller austritt.

Um einen Fluss zu renaturieren wäre ein breiteres Flussbett häufig die beste Lösung, der Platz gebe das in den meisten Fällen aber nicht her. Dann nämlich, wenn das Flussbett wie etwa beim Wienfluss von einer Stadt umgeben ist.

Ist das aber nicht der Fall, wie etwa bei den Marchauen in Niederösterreich, können alte Flussarme wieder an den Fluss angebunden werden. Dem Fluss wird somit mehr Raum gegeben, wie die Ingenieurbiologin weiß. Im Fall eines Hochwassers kann sich das Wasser ausbreiten, ohne Schaden anzurichten, denn dieser könne nur verursacht werden, wenn rundherum menschliche Infrastruktur besteht.

Ökologischer Wasserschutz

Im Rahmen des EU-Projekts Life Iris wird daher an Bereichen der Flüsse Donau, Lafnitz, Enns, Leitha, Pielach, Isel, Drau und Traun an einem verbesserten Hochwasserschutz gearbeitet. Er soll gleichzeitig auch zu einer ökologischen Sanierung führen. Denn die bereits erwähnte Wasserrahmenrichtlinie weist 60 Prozent der österreichischen Flüsse keinen guten ökologischen Zustand aus, wie Helena Mühlmann weiß. Sie arbeitet in der Sektion Wasserwirtschaft des Landwirtschaftsministeriums und leitet das Projekt.

Die Richtlinie schreibt vor, dass europäische Gewässer bis 2027 einen "guten" ökologischen Zustand erreichen müssen. "Wir stehen hier vor sehr großen Herausforderungen", sagt Mühlmann. Es sei daher wichtig, ökologische Verbesserungen für Gewässer umzusetzen.

Hier versuche das Projekt Life Iris. Es wird von der EU, dem Bund und den Ländern finanziert. Der Fokus liegt darauf, sogenannte natürliche Retentionsräume zu schaffen, an denen der Fluss übergehen kann, ohne Schaden anzurichten. "Hemmschuh" seien die meist kleinteiligen Eigentümerverhältnisse entlang der Flüsse.

"Während in manchen Gebieten nur ein Grundbesitzer vom Verkauf an den Bund überzeugt werden muss, sind es anderswo bis zu 60", sagt Mühlmann. Das größte Hindernis sei die Raumverfügbarkeit. "Mit harten Flussverbauungen, Dämmen und Schutzwänden allein kann man Flüsse nicht bändigen. Man muss den Flüssen ihren Raum zurückgeben." (Julia Beirer, 23.05.2023)